Amsterdam gewinnt für Investoren an Bedeutung. Drei Viertel der Investitionen der Raiffeisen Immo-Fonds flossen im ersten Halbjahr nach Amsterdam. Im Bild: das Objekt Admiraal II, Utrecht.

Foto: RCM

Günther Burtscher: "Historisch betrachtet kann man sagen, dass es 2006 bis 2008 am Immobilienmarkt eine Blase gegeben hat."

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Was bedeutet ein Leerstand eines Objekts für einen Fonds? Warum sind die Bewertungen einst davongaloppiert? Wo floriert der Markt für Gewerbeimmos? Der Manager des Raiffeisen Immobilienfonds, Günther Burtscher, gibt Einblick. Gefragt hat Bettina Pfluger. 

STANDARD: Immobilien sind als Sachanlage stark gefragt. Gilt das auch für Immobilienfonds?

Burtscher: Wir haben unseren Fonds 2004 aufgelegt. 2005 bis 2007 waren richtige Boomjahre, in denen wir so hohe Zuflüsse hatten, dass wir uns mit der Veranlagung schwergetan haben. Ab 2008 haben einige gewerbliche Märkte gedreht. Mit der Performance des Fonds ging es im Mai 2009 bergab. Da haben die Märkte die Bewertungen nicht mehr gestützt. Wir haben es aber geschafft, den Fonds zu stabilisieren. In den vergangenen Jahren lag die Rendite bei zwei bis drei Prozent. Dies ist durchaus vergleichbar mit den Renditen großer deutscher Europa-Fonds.

STANDARD: Ist mit den aufkommenden Problemen bei Meinl European Land oder Immofinanz vor einigen Jahren auch die Skepsis Ihrem Fonds gegenüber gestiegen?

Burtscher: In den Boomjahren hat man uns die geringere Performance des Fonds vorgeworfen. Da wurde in den Werbebroschüren anderer Immo-Papiere ja mit viel höherer Performance geworben. Als einzelne Immobilientitel dann in Schwierigkeiten gerieten, war die Verunsicherung im Hinblick auf den Immobilienfonds anfangs zu spüren. Mittlerweile hat sich die Situation aber beruhigt.

STANDARD: Wie erwirtschaftet ein Immobilienfonds Performance?

Burtscher: Es gibt zwei Vermögenskomponenten: die Liquidität, die im Wesentlichen aus den Anteilsumsätzen und den Mieteinkünften kommt, sowie die Immobilien. Die Performance ergibt sich aus den Zinserträgen aus dem Cash, das der Fonds hält, und aus der Immo-Vermietung. Was für die Wertschwankungen verantwortlich ist, sind die Wiederbewertungen der Immobilien, die einmal im Jahr stattfinden.

STANDARD: Vor der Krise sind die Bewertungsgewinne enorm gestiegen. Kann man sagen, dass diese der Realität davongaloppiert sind?

Burtscher: Ja. Im Nachhinein kann man das sicher bejahen. Es gibt Bewertungsregeln und verschiedene Methoden zur Bewertung. Dahinter stehen aber immer Renditen und Marktmieten. Der Bewerter macht keine Prognosen. Während der Boomzeit ist viel Geld in die Immobilienmärkte geflossen - auch viel Fremdkapital. Auch von Investoren wurden die Märkte nach oben getrieben, weil diese bereit waren, immer mehr Geld für Immobilien auszugeben. Auch das hat zu den steigenden Bewertungen geführt. Historisch betrachtet kann man sicher sagen, dass es 2006, 2007 und 2008 am Immobilienmarkt eine Blase gegeben hat. In Österreich und Deutschland sind die Märkte in den Jahren 2006 bis 2008 jedoch weniger kräftig gestiegen, dafür sind sie dann auch besser durch die Krise gekommen.

STANDARD: Kaufen Sie für den Fonds immer die ganze Immobilie?

Burtscher: Grundsätzlich sieht das Gesetz einen Direkterwerb vor, ein Teilerwerb ist aber auch möglich. Die Kapitalanlagegesellschaft steht im Grundbuch, sie erwirbt die Immobilie treuhändig für die Anleger. Aber auch der Erwerb von Grundstücksgesellschaften ist unter gewissen Voraussetzungen möglich.

STANDARD: Wie gehen Sie mit Leerständen um? Wie schnell wirken sich diese auf die Performance des Fonds aus?

Burtscher: Es fallen Mieteinkünfte weg. Das wirkt sich meist aber nicht sehr stark aus, weil ein Fonds ja mehrere Objekte haben muss. Das Gesetz schreibt derzeit mindestens zehn Objekte vor. Wir haben aktuell 17. Eine Wertänderung der Immobilie aufgrund des Leerstands kann sich schneller auf die Performance auswirken. Wir versuchen bei einem Leerstand grundsätzlich, so schnell wie möglich in die Nachmietung zu gehen.

STANDARD: Wer managt die Objekte im Fonds?

Burtscher: Wir haben in diesem Bereich drei Säulen. Das Fondsmanagement, die Investmentmanager - die die Immobilien für den Fonds erwerben und verkaufen - und das sogenannte Asset-Management. Die verwalten die Immobilien und haben vor Ort auch einen Property-Manager.

STANDARD: Sie investieren europaweit. Welche Märkte laufen derzeit gut, welche bereiten Sorgen?

Burtscher: In den vergangenen ein, zwei Jahren hat sich Deutschland sehr gut entwickelt. Deutschland ist aktuell der blühende gewerbliche Immobilienmarkt Europas - vor allem München ist gefragt. Auch Polen läuft sehr gut, dort gab es keinen Rezessionseinbruch. Auch London hat gut performt. Die Immobilienpreise schwanken dort aber stark. Viel asiatisches Geld fließt nach London. Wir sind in England aufgrund des Währungsthemas nicht investiert.

STANDARD: Wie verhält es sich mit Mietsteigerungen? Gibt es eine Obergrenze, oder kann man die Miete beliebig erhöhen, um den Gewinn zu pushen?

Burtscher: Nein, man kann die Miete nicht beliebig erhöhen. Die Miethöhe und die Mietanpassungsklauseln sind im jeweiligen Mietvertrag geregelt. Gewerbliche Mietverträge sind oft indexiert, wobei es zwischen den verschiedenen Ländern im Detail durchaus Unterschiede gibt. Die Vertragsmiete kann aber auch unter oder über der aktuellen Marktmiete liegen, da gibt es Spielraum.

STANDARD: Nach welchen Kriterien suchen Sie ein Objekt?

Burtscher: Man braucht ein gutes Netzwerk, damit man Objekte "off-market" angeboten bekommt. In den vergangenen Jahren war zu beobachten, dass die Objekte über Makler angeboten werden, die ein Bieterverfahren machen.

STANDARD: In Deutschland haben geschlossene Immobilienfonds zuletzt für Probleme gesorgt. Ist das auch bei uns ein Thema?

Burtscher: Solche Fonds gibt es in Österreich auch. Auch da gibt es zum Teil Probleme, da solche Fonds oft nur in eine oder zwei Immobilien investiert sind. Wenn dieses Objekt ein Problem hat, spüren das die Anleger entsprechend stark.

STANDARD: Hat die Krise Ihr Geschäft verändert?

Burtscher: Es gibt jetzt das AIFMG für alternative Veranlagungen. Das trifft auch die Immobilienbranche. Wir als offener Immo-Fonds sind aber bereits stark reguliert, damit verändert sich vorerst nicht allzu viel. Auf die geschlossenen Fonds wirkt sich das stärker aus - das dürfte ihr Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen. Derzeit wird noch diskutiert, inwieweit Immobilien-Aktiengesellschaften von diesem Gesetz betroffen sind.

STANDARD: Welche Mindestkriterien bei einem Immobilienfonds sollte sich ein Anleger ansehen?

Burtscher: Der Fonds sollte nach Regionen und Nutzungsarten gut diversifiziert sein.

STANDARD: Wie verhält es sich mit der Steuer bei Immobilienfonds?

Burtscher: Die Fondsperformance, die wir ausweisen, ist im Wesentlichen eine Nach-Steuer-Performance. Wir zahlen mit dem Fonds im Ausland Steuern, diese Erträge unterliegen beim Anleger aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen in der Regel keiner Kapitalertragsteuer mehr. Zu versteuern sind in Österreich nur noch die Zinserträge im Fonds. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 14.9.2013)