Dokumente aus dem KZ Theresienstadt belegen, wie Musiker und Künstler dem NS-Grauen trotzten, solange es ging.

Foto: Gantschacher
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Klagenfurt - "Die Überlebenden sind meine Garanten für die Wahrheit." Es waren jüdische Künstler wie Karel Berman, Eva Herrmanová, Herbert Mandl oder Paul Kling, die Herbert Gantschacher, Gründer von "Arbos, Gesellschaft für Musik und Theater", erstmals von den "Freizeitaktivitäten" im Konzentrationslager Theresienstadt erzählten. Berman, Kling und Mandl wirkten bei Viktor Ullmans Oper Der Kaiser von Atlantis oder die Tod-Verweigerung mit. Sie erzählten auch von jüdischen Mitgliedern der Wiener Staatsoper und der Philharmoniker, die ebenfalls in Theresienstadt gegen das Grauen des allgegenwärtigen Todes durch die NS-Schergen anmusizierten. Herrmanová, die bei Hans Krásas Kinderoper Brundibár mitgesungen hat, überlebte als eine von wenigen Mitwirkenden.

Gantschacher hat, ausgehend von den Schilderungen der Zeitzeugen, in Archiven penibel das Schicksal einzelner jüdischer Mitglieder der Wiener Philharmoniker recherchiert und deren Weg von der erzwungenen Beurlaubung oder Pensionierung bis hin zu ihrer Ermordung in Theresienstadt und Auschwitz nachgezeichnet. Das Ergebnis ist noch bis 28. September in der Klosterruine Arnoldstein zu sehen.

Der Arbos-Gründer und Regisseur stieß dabei auch auf bislang unbekannte Dokumente. Dabei geht es um die Geiger Julius Stwertka und Moritz Glattauer, den Oboisten Armin Tyroler sowie den Bratschisten Max Starkmann. Anhand obligatorischer Vermögensverzeichnisse wird aufgezeigt, wie die monatliche Rente sukzessive "entwertet" oder gänzlich entzogen wurde. Alle drei wurden ermordet.

Doch es gibt noch weiteres unbekanntes Material. So beobachtet Zeitzeuge Mandl im Sommer 1944, wie Richard Strauss die Sängerin Hedda Grab-Kernmayer besucht, eine Verwandte seiner Schwiegertochter Alice. Nach dem Besuch verlässt Strauss Theresienstadt wieder, ohne je einen Finger für die Verwandte zu rühren. Bislang neu dürfte auch der vehemente Einsatz des Musikers Arnold Rosé für ein demokratisches Europa sein. Schon 1919 unterzeichnete er mit vielen anderen Künstlern ein Manifest gegen den aufkeimenden Nationalsozialismus von Romain Rolland und Georg Friedrich Nicolai, dem Urgroßenkel Otto Nicolais, der 1842 die Philharmonische Akademie begründet hatte.

Auch Fragen der Restitution widmet sich die Schau. So ist bis heute ungeklärt, wohin die italienische Geige von Stwertka verschwunden ist. Auch Zeugnisse von rarer Zivilcourage bei den Philharmonikern finden Platz: Christian Novak jun. und Othmar Wunderer setzen sich für ihren jüdischen Kollegen Ludwig Wittels ein. Zu sehen ist auch der US-Akt über Helmut Wobisch, seit 1933 Mitglied der NSDAP, später Gründer des Carinthischen Sommers. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 16.9.2013)