In der türkischen Metropole Istanbul hat am Dienstag ein neuer Prozess wegen der Ermordung des armenischstämmigen Journalisten Hrant Dink begonnen. Zum Auftakt der Verhandlung beantragte die Staatsanwaltschaft laut der Nachrichtenagentur Anadolu einen Haftbefehl gegen den früheren Polizei-V-Mann Erhan Tuncel, der nach dem ersten Verfahren auf freien Fuß gesetzt worden war. Die Familie von Dink blieb dem neuen Verfahren demonstrativ fern und kritisierte, die Behörden weigerten sich weiterhin, die wahren Hintergründe der Tat aufzuklären.

Dink war am 19. Jänner 2007 in Istanbul auf offener Straße von dem damals minderjährigen Rechtsextremisten Ogün Samast erschossen worden. Dink war bei türkischen Rechtsnationalisten verhasst, weil er für eine Aufarbeitung des Völkermordes an den Armeniern im Ersten Weltkrieg eintrat. Samast erhielt eine lange Jugendstrafe, doch nur wenige seiner Komplizen wurden bestraft. Der Oberste Berufungsgerichtshof der Türkei hob die Urteile gegen die Mittäter auf und ordnete einen neuen Prozess an. Wie lange das neue Verfahren dauern wird, ist nicht bekannt.

Verschwörung

Das Berufungsgericht argumentierte unter anderem, im ersten Verfahren habe das Gericht von einer Tat Einzelner gesprochen, obwohl es starke Hinweise auf eine kriminelle Verschwörung zur Ermordung Dinks gegeben habe. Das neue Verfahren soll sich der Aufklärung dieser Verschwörung widmen.

Das Berufungsgericht sprach sich allerdings ausdrücklich dagegen aus, von einer Terrortat auszugehen. Diese Klarstellung wurde von Dinks Familie und Unterstützergruppen als Zeichen dafür kritisiert, dass die Justiz nach wie vor nicht bereit sei, die mutmaßliche Verwicklung staatlicher Stellen in den Mordplan zu untersuchen. Eine Anwältin der Dink-Familie verfügt nach eigenen Angaben über Hinweise darauf, dass der türkische Geheimdienst MIT in das Verbrechen verwickelt war. (APA, 17.9.2013)