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Wenn Anleger einem Unternehmen wie der Alpine Holding über den Kauf von Anleihen Geld zur Verfügung stellen, haben sie laut Gesetz und EU- Verordnung ein Recht zu wissen, was mit dem Geld geschieht. In der Praxis ist das allerdings oft nicht der Fall - zum Schaden der Anleger.

Foto: APA/ Kalaene Collage: Lukas Friesenbichler

Anleihegläubiger verlieren bei der Insolvenz des Emittenten einer Unternehmensanleihe oft einen großen Teil ihrer Ansprüche, wie Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, z. B. A-Tec, zeigen. Nach der Insolvenz der Alpine Holding, bei der sogar ein Totalverlust zu befürchten ist, stellt sich immer dringender die Frage, ob die Anleger durch den Prospekt, den der Emittent erstellen muss, ausreichend geschützt sind.

Nach § 7 Kapitalmarktgesetz (KMG) muss der Prospekt für ein öffentliches Angebot von Anleihen sämtliche Angaben enthalten, die erforderlich sind, damit der Anleger sich ein "fundiertes Urteil" über das Unternehmen und Risiken der Anleihe bilden kann. Diese Informationen sind im Prospekt in leicht zu analysierender und verständlicher Form darzulegen.

Diese Verpflichtung wird auf unterschiedliche Weise sanktioniert. Ist die im Prospekt enthaltene Information falsch oder unvollständig und erleidet der Anleger einen Schaden, kann er nach § 11 KMG Schadenersatzansprüche im Rahmen der Prospekthaftung geltend machen. Gerichtlich strafbar nach § 15 KMG ist, wer in einem Prospekt vorsätzlich über die für den Erwerb der Anleihe erheblichen Umstände unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. Darauf droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen.

Schaden erhöht die Strafe

Für die Strafbarkeit vorsätzlich falscher, fehlender oder irreführender wesentlicher Prospektangaben ist es übrigens nicht Voraussetzung, dass ein Anleger einen Schaden erleidet; je höher der Schaden ist, umso mehr bildet dies jedoch bei der Strafzumessung einen Erschwerungsgrund.

Die auch in Österreich unmittelbar anwendbare Prospektverordnung der EU legt in der Form von sogenannten Prospektschemata die Mindestangaben fest, die ein Kapitalmarktprospekt enthalten muss. Für Anleihen sind nach Anhang V beispielsweise auch die Gründe für das Angebot der Anleihe und die Verwendung der Erlöse der Anleihe im Prospekt anzugeben. Der Nettobetrag der Erträge ist zudem aufgeschlüsselt nach den wichtigsten Verwendungszwecken und dargestellt nach deren Priorität darzustellen.

Sofern der Emittent weiß, dass die antizipierten Erträge nicht ausreichend sein werden, um alle angeführten Verwendungszwecke zu finanzieren, sind zusätzlich auch der Betrag und die Quelle anderer Mittel anzugeben.

Voraussetzung für die Erforderlichkeit dieser Angaben ist die Kenntnis des Unternehmens von der Finanzierungslücke zum Zeitpunkt der Prospekterstellung. Die Verpflichtung zur Angabe von Gründen entfällt nur dann, wenn ausschließlich die Ziele der Gewinnerzielung und/oder Absicherung bestimmter Risiken verfolgt werden.

Anleihe wie ein Kredit

Eine Anleihe eines Unternehmens ist wirtschaftlich nichts anderes als ein Kredit der Anleihezeichner an das Unternehmen. Genauso wie eine Bank bei einem Kredit an ein Unternehmen wissen will, wofür der Kredit verwendet und wie er samt Zinsen zurückgezahlt werden wird, genauso sind diese Informationen für einen Anleihezeichner von besonderer Wichtigkeit!

Ungeachtet dessen finden sich in den Prospekten vieler Anleihen von großen Unternehmen zu den Gründen für das Angebot bloß pauschale Angaben wie beispielsweise die Optimierung des Finanzportfolios und die Stärkung der Finanzkraft.

Es erscheint mehr als zweifelhaft, ob eine Angabe, wonach der Emittent den Nettoerlös der Anleihe für die Optimierung seiner Finanzstruktur und für allgemeine Unternehmenszwecke zu verwenden beabsichtigt, bei Vorliegen besonderer Umstände ausreichend ist.

Hinweis auf Töchter

Ein Beispiel: Beabsichtigt der Emittent, den Erlös der Anleihe zur Finanzierung von Tochtergesellschaften zu verwenden, so ist als Verwendungszweck wohl die Finanzierung der Tochtergesellschaften im Prospekt anzugeben. Wenn sich eine Tochtergesellschaft in einer Krise befindet, ist im Prospekt wohl auch auf das Risiko hinzuweisen, dass die Rückzahlung durch die Tochtergesellschaft beispielsweise wegen der Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen eingeschränkt sein kann.

Ob es in absehbarer Zeit zu strafrechtlichen Verfahren und Verurteilungen kommt, wird sich zeigen. Es scheint allerdings hoch an der Zeit, die Strafbarkeit falscher, fehlender oder irreführender Angaben in Anleiheprospekten auch ernst zu nehmen. An Anlassfällen herrscht kein Mangel. (Liane Hirschbrich, DER STANDARD, 18.9.2013)