Das Wahlverhalten von Erstwählern ist bislang kaum erforscht - wie man sich entscheidet, hängt laut einer Studie auch davon ab, wo man zur Schule geht.

Foto: Der Standard/Cremer

Wien - Es sind meistens Extreme, mit denen das jugendliche Wahlverhalten beschrieben wird: zwischen der Entscheidung, sein Kreuzerl am rechten oder linken Rand zu setzen, und der Gleichgültigkeit, seine Stimme gar nicht abzugeben, werden nicht viele junge Wähler vermutet. Eine vor kurzem von der Gesellschaft für Konsumforschung veröffentlichte Studie kam etwa zum Schluss, dass sich die Hälfte aller Zwölf- bis 24-Jährigen nicht von den etablierten Parteien angesprochen fühlt.

Was also bewegt die Gruppe der Jungwähler, und wie bilden sich vor allem diejenigen eine Meinung im bunten Wahlkampfdschungel, die zum ersten Mal ihre Stimme abgeben?

Etwas über das allgemeine Wahlverhalten von Erstwählern zu sagen ist bislang schwierig. "Da die rund 348.000 Personen umfassende Gruppe nur etwa drei Prozent der Gesamtwählerschaft ausmacht, fällt sie bei der Sonntagsfrage kaum ins Gewicht", sagt der Politikwissenschafter und Meinungsforscher Peter Filzmaier. Er sagt außerdem, dass für eine Aufgliederung der Wahlbeteiligung nach Altersgruppen die rechtliche Grundlage fehlt. "Ich verstehe den Gesetzgeber, aber aus Meinungsforschersicht ist das natürlich schade." In Wahlanalysen ist deshalb nur von Jungwählern die Rede, zu denen alle unter 30-Jährigen gezählt werden.

Obwohl die Erstwähler in der Gesamtwählerschaft nur einen kleinen Teil ausmachen: Heiß umworben werden sie dennoch. Während auf der Straße fleißig Wahlzuckerln verteilt werden und die Briefkästen bereits gut gefüllt sind mit persönlichen Grüßen der Spitzenkandidaten, zeigen sich die Jugendsprecher der Parteien auch häufig in Schulen oder bei speziellen Veranstaltungen für Jugendliche im Vorfeld der Wahl.

Eine solche Gelegenheit gab es etwa letzte Woche im Parlament, wo die Bundesjugendvertretung zur Dialogveranstaltung "29913 - Du gibst den Ton an" lud.

Vertreter aller neun bundesweit antretenden Parteien hatten hier die Möglichkeit, Fragen junger Wähler zu beantworten. Viel Zeit zum beliebten Ausschweifen blieb dabei nicht, die Redezeit war mit einer Minute begrenzt.

Parlament versus Zeltfest

Dem Rahmen entsprechend war der Ton anders als im Hohen Haus üblich, und fast wie auf Facebook gab es außerdem die Möglichkeit, getroffene Aussagen sofort zu liken, Unzufriedenheit oder Unwissen auszudrücken - grüne, rote und gelbe Schilder lagen dafür auf den Bänken bereit.

Besonders viele rote Schilder oder Dislikes erntete FPÖ-Jugendsprecher Christian Höbart, der sich über die Zusammensetzung der Teilnehmer wunderte: "Auf einem Zeltfest haben wir mehr Zustimmung."

Drei Stunden später fielen die Reaktionen sehr positiv aus. Georg (16) will nun eine andere Partei wählen als davor. Andere fühlen sich in ihrer Entscheidung bestätigt: Adrian, ebenfalls 16, will sich zwar das Wahlprogramm der Grünen noch einmal genau durchlesen, ist allerdings von ihrem Auftritt überzeugt. Magdalena (17) und Marie (16) fühlen sich nach der Veranstaltung zu den Neos hingezogen - ob sie den "Pinken" ihre Stimme geben, wissen sie aber noch nicht.

Es blieb allerdings beim Austausch zwischen sehr politikinteressierten Jugendlichen. Die Reaktionen hätten bei einem bunt gemixten Publikum in einem anderen Rahmen anders ausgesehen, denn laut einer Studie des Sozialforschungsinstituts Sora spielen der soziale Hintergrund und wo man zur Schule geht eine wichtige Rolle dafür, wo man sein Kreuz setzt.

In einem Punkt waren sich die Diskutanten und Zuhörer schließlich alle einig - am 29. September nicht zu Hause zu bleiben. (Max Miller, DER STANDARD, 18.9.2013)