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Ökostrom hat die Strompreise im Großhandel stark verbilligt. Davon profitiert die Industrie, private Haushalte zahlen die Zeche.

Foto: ap/charisius christian

Fuschl - Es ist, zugegeben, die einfachste und leiseste Form der Energiewende. Man klemmt sich hinter das Lenkrad eines Elektroautos, drückt den Startknopf, rollt an und sucht eine passende Stelle zum Wenden.

Stromwende

Tatsächlich ist die Energiewende, also die Umstellung des Energiesystems von hauptsächlich fossiler Befeuerung auf mehrheitlich erneuerbare Antriebe, ein Kraftakt ohne Vorlage. Es geht laut zu: als ob schwere Diesel-Brummer im Kreisverkehr beschleunigten und nicht wüssten, welche Ausfahrt in eine kohlenstoffarme Zukunft nehmen.

Die Energiewende, wie sie derzeit diskutiert wird, ist im Wesentlichen eine Stromwende. Die Bereiche Wärme und Verkehr, die zusammen für knapp 80 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs stehen, bleiben großteils ausgeklammert, bis auf wenige zaghafte Versuche mit Elektroautos und Gebäudedämmung.

Streitpunkt Förderdeckel

Die Blicke sind einmal mehr nach Deutschland gerichtet, den größten Strommarkt Europas. Dort, so wird erwartet, fallen nach den Bundestagswahlen wichtige Entscheidungen, wie es mit der Förderung von Windenergie, Fotovoltaik und Biomasse weitergeht. Dreh- und Angelpunkt ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das seit dem Jahr 2000 in Deutschland die bevorzugte Einspeisung von Strom ins Netz regelt und den Erzeugern fixe Einspeisevergütungen garantiert. Es hat zu einem regelrechten Boom bei Ökoenergie in Deutschland geführt.

Weil kein Deckel eingezogen wurde, sind die Kosten auf nunmehr 20 Milliarden Euro pro Jahr explodiert. Zum Vergleich: In Österreich, wo ebenfalls ein Fördersystem für erneuerbare Energien etabliert wurde, belaufen sich die jährlichen Kosten auf rund 350 Millionen Euro. Der große Unterschied zu Deutschland ist, dass die Fördersumme, die an Neuanlagen jährlich ausgeschüttet wird, mit 50 Millionen Euro gedeckelt ist.

Industrie profitiert

Der viele Ökostrom hat zu einer starken Verbilligung der Strompreise auf den Großhandelsmärkten beigetragen. Davon profitiert nicht zuletzt die österreichische Industrie, die sich als Großabnehmer günstig wie schon lange nicht mit elektrischer Energie eindecken kann. Die Zeche zahlen die Haushalte, insbesondere jene in Deutschland. Sie zahlen rund 220 Euro pro Jahr an Ökostromumlage, in Österreich etwa 50 Euro.

Mit einer Änderung des EEG sei in Deutschland kurzfristig nicht zu rechnen, meinten Experten bei einer Energietagung des Verbunds in Fuschl. Dazu sei die Zustimmung im Bundesrat nötig. Dort sei aber eine Mehrheit der Länder mit Bayern an der Spitze gegen Änderungen, weil sie von der Umlage überproportional profitierten.

Das EEG könnte dennoch gekippt werden - von der EU-Kommission. Dort sind etliche Beschwerden von Industrieunternehmen anhängig, die von der Ökostromumlage nicht ausgenommen wurden. Jede Änderung in Deutschland schlägt über die Preise eins zu eins auf Österreich durch. Deshalb bleiben die Blicke wohl noch länger auf Deutschland gerichtet. (Günther Strobl, DER STANDARD, 20.9.2013)