Wer in seinem Leben noch nie von Callipharidae und Muscidae gehört hat, konnte am Freitag am Landesgericht Korneuburg beim Prozess um den Tod von Julia Kührer Näheres darüber erfahren. Dank des Sachverständigen Christian Reiter, der sich seit 35 Jahren mit Insekten beschäftigt. Und der dem Geschworenengericht unter Vorsitz von Helmut Neumar erklärt, was die neben dem Kührers Skelett in einem Erdkeller auf dem Grundstück des Angeklagten Michael K. gefundenen Insektenlarven zur Klärung des mysteriösen Falles beitragen können.

Was Reiter in einer Powerpoint-Präsentation zeigt, ist durchaus belastend für K., der standhaft leugnet, etwas mit dem Verschwinden und Tod der damals 16-Jährigen im Juni 2006 in ihrer Heimatgemeinde Pulkau (Bezirk Hollabrunn) zu tun zu haben. Denn anhand der Larvenhüllen von Schmeiß- und Stubenfliegen, die eher als die lateinischen Begriffe dafür geläufig sind, kann der Mediziner sagen, dass Kührers Leiche frühestens zwei Tage nach ihrem Tod in dem Erdkeller angezündet worden sein kann, es könnte sogar bis zu zwei Wochen danach geschehen sein.

Das schwächt die Position des 51-jährigen Angeklagten und seines Verteidigers Farid Rifaat ziemlich. Die stellen nämlich in den Raum, dass ein Unbekannter die Leiche heimlich auf das Grundstück gebracht, angezündet und vergraben haben soll. Noch dazu, da Gerichtsmediziner Wolfgang Denk ausführt, dass die Leiche mehrmals bewegt worden sein muss. Der geheimnisvolle Täter müsste also leichten Zugang zum Erdkeller gehabt und sich äußerst sicher gefühlt haben.

Todesursache unklar

Über die Todesursache kann Denk dagegen nichts sagen. Was aber bei einer großteils skelettierten Leiche nicht ungewöhnlich sei. Erwürgen, ein Schuss oder Stich in die Weichteile sei beispielsweise nicht mehr nachweisbar. Selbst die Tatsache, dass der Schädel nicht gebrochen ist, bedeutet nicht, dass Kührer nicht durch einen heftigen Schlag gegen den Kopf gestorben ist.

Dass es einen derartigen Faustschlag gegeben haben könnte, leitet er aus dem Umstand ab, dass ein Zahn im rechten Oberkiefer ausgeschlagen wurde - kurz vor oder kurz nach ihrem Tod. Allerdings: Die Verletzung könnte auch durch den Sturz auf eine Kante entstanden sein. Auch einen natürlichen Tod kann er nicht völlig ausschließen, auch wenn er ihn für höchst unwahrscheinlich hält.

Keine Drogen-Überdosis

Der toxikologische Sachverständige wiederum schließt ziemlich aus, dass der Teenager an einer Überdosis Drogen gestorben ist. Minimalste Spuren von Methamphetaminen habe er ein Jahr nach dem Fund der Leiche im Juni 2011 in Gehirnresten nachweisen können. In welchen Mengen, wann und wie oft Kührer die Droge konsumiert hat, könne er aber nicht mehr sagen. Und gänzlich ausschließen will er zur Genugtuung Rifaats daher auch nicht, dass der Konsum der Droge zumindest "todesbegünstigend" gewesen sein kann. (Michael Möseneder, derStandard.at, 20.9.2013)