Wien - Betriebe im Süden Europas lassen sich bei der Begleichung ihrer Rechnung reichlich viel Zeit. Italienische Firmen haben im Jahr 2012 ihren Geschäftspartnern die fällige Rechnung im Schnitt erst nach 96 Tagen bezahlt, zypriotische nach 90 Tagen sowie spanische und portugiesische jeweils erst nach 85 Tagen, geht aus Daten der EU-Kommission hervor. Im Musterland Finnland zahlten Firmen im Durchschnitt nach 26 Tagen, in Deutschland nach 34 Tagen und in Österreich nach 35 Tagen.

Besonders dramatisch ist in der Europäischen Union der Zahlungsverzug der öffentlichen Hand. Italien hat 2012 seine Rechnungen gegenüber Unternehmen im Schnitt nach 170 Tagen beglichen, die öffentliche Hand in Griechenland nach 159 Tagen, Spanien nach 155 Tagen und Portugal nach 133 Tagen. Dies seien aber nur Durchschnittszahlen über alle Branchen gerechnet. Im Gesundheitssektor würden etwa die Rechnungen in Südeuropa erst nach 600 Tagen bezahlt, so EU-Kommissions-Expertin Idaira Robayna Alfonso am Freitag bei einer Tagung in Wien. Die öffentliche Hand in Österreich bezahlte im vergangenen Jahr ihre offenen Rechnungen im Schnitt nach 42 Tagen, deutlich später als etwa in Finnland (24 Tage).

Unternehmen in der EU entstehen durch den Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ein Schaden von rund 340 Mrd. Euro, schätzt die Kommission. 57 Prozent aller europäischen Unternehmen würden wegen verspäteter Zahlungen und deren Folgekosten an Liquiditätsengpässen leiden, rund 450.000 Jobs hätten damit in Zusammenhang stehende Insolvenzen im EU-Raum bereits gekostet.

Neue Richtlinie

Um die negativen Auswirkungen von verspäteten Zahlungen auf die Wirtschaft zu verringern, hat die Kommission eine neue Richtlinie auf den Weg gebracht. Bis Mitte März mussten die EU-Staaten die Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr umzusetzen. Demnach haben die Behörden ihre Rechnungen für Waren und Dienstleistungen innerhalb von 30 Tagen zu begleichen. Nur in absoluten Ausnahmefällen kann diese Frist laut Richtlinie auf bis zu 60 Tage verlängert werden. Unternehmen müssen ihre Rechnungen innerhalb von 60 Tagen berappen, sofern es keine ausdrückliche anderslautende Vereinbarung gibt.

Der Vizepräsident des Europaparlaments und ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas fordert von Österreich mehr Disziplin bei der Begleichung von Rechnungen. "Die öffentliche Hand muss auch im Geschäftsverkehr eine Vorbildwirkung bekommen. KMU dürfen nicht wehrlos gegenüber der wirtschaftlichen Übermacht des Staates sein", sagte Karas bei der Tagung in Wien. Es sei"inakzeptabel", das Unternehmen derzeit 42 Tage warten müssen, bis die öffentliche Hand in Österreich ihre Rechnungen begleicht.

Die öffentliche Hand und Unternehmen in Südeuropa werden nicht von heute auf morgen pünktlich bezahlen, aber sie müssen umgehen ihr Cash-Flow-Management umstellen, betonte die EU-Kommissions-Expertin. In der Zwischenzeit könnte Unternehmen etwa einen Ratenplan vereinbaren, um den Zahlungsverzug zu verkürzen. (APA, 20.9.2013)