Stockholm - Am Freitag wird der neue Report des Weltklimarates IPCC in Stockholm in einer Kurzfassung der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Langversion des ersten Teils umfasst 2.000 Seiten, Hunderte Forscher haben dafür den Klimawandel unter die Lupe genommen und ausgearbeitet, wie sich Temperaturen, Ozeane und Gletscher auf der Welt verändern könnten und wie der Mensch den Klimawandel beeinflusst.

Keine Entwarnung

Wer in dem Bericht eine Entwarnung in Sachen Klimawandel erwartet, wird wohl enttäuscht werden. Denn die Luft erwärmt sich zurzeit zwar nicht mehr so schnell wie noch vor wenigen Jahrzehnten. Pause mache der Klimawandel deshalb aber nicht, sagen Experten wie Guy Brasseur, einer der Hauptautoren des letzten IPCC-Berichts von 2007. Die Wissenschafter hätten inzwischen sogar etliche Daten erhoben, die die Grundaussagen des alten Reports bestätigen.

Im neuen Bericht soll es mehr Details über die Klimaerwärmung in einzelnen Regionen geben. Für Politiker haben die Wissenschafter ihre Erkenntnisse auf rund 30 Seiten heruntergebrochen.

Vier Szenarien der Erwärmung

Auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, die der IPCC in den vergangenen Jahren zusammengetragen hat, wurden vier Szenarien zur Erderwärmung bis zum Jahr 2100 erstellt. Nur ein Szenario geht davon aus, dass die Erderwärmung unterhalb der entscheidenden Zwei-Grad-Marke bleibt. Errechnet wurde dabei eine Spanne zwischen 0,3 und 1,7 Grad Celsius, im mathematischen Mittel also 1,0 Grad.

Das schlimmste IPCC-Szenario kommt auf einen durchschnittlichen Temperaturanstieg zwischen 2,6 und 4,8 Grad, im Mittel 3,7 Grad. Dabei muss jeweils noch berücksichtigt werden, dass die Durchschnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bereits um etwa 0,8 Grad angestiegen ist.

Zwei-Grad-Obergrenze

Der Großteil der Klimaforscher hält einen Temperaturanstieg um mehr als zwei Grad für kaum beherrschbar. Schließlich steigen mit der Durchschnittstemperatur die Meeresspiegel und damit die Gefahr von Überflutungen. Auch das Risiko für Dürren und Stürme wird größer. Für die Verhandlungen über ein neues weltweites Klimaschutzabkommen gilt daher die Zwei-Grad-Obergrenze. Auf die dafür notwendigen Maßnahmen konnte sich die internationale Gemeinschaft bisher allerdings nicht verständigen.

Dass der Mensch die Hauptverantwortung für die Erderwärmung trägt, daran hat der IPCC kaum mehr Zweifel. Hatte er die Wahrscheinlichkeit dafür in seinem vorherigen Sachstandsbericht von 2007 schon bei 90 Prozent gesehen, geht er jetzt laut Berichtsentwurf sogar von einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit aus. Das Hauptproblem liegt demnach in der Freisetzung von CO2 durch die Verbrennung fossiler Energieträger.

"Pädagogische Übung"

Ab Montag gehen Regierungsvertreter und IPCC-Forscher die Zusammenfassung des Weltklimaberichts nun Satz für Satz durch. Das sei zwar sehr mühsam aber wichtig, auch als "pädagogische Übung", meint Brasseur, Leiter des Climate Service Center in Hamburg. Der Report werde so von den Regierungen eher akzeptiert. Zudem sei der Text am Ende für Laien verständlicher als vorher. "Doch die Forscher haben das letzte Wort", betont er. Sie könnten jeden Veränderungswunsch ablehnen, wenn er nicht mit dem Inhalt des Reports übereinstimme.

Zuletzt ist vorgesehen, dass die Regierungsvertreter den Report mit einer Abstimmung im Plenum verabschieden. "Durch dieses Verfahren erkennen die Regierungen die wissenschaftlichen Aussagen der IPCC-Berichte an", betont die Deutsche Koordinierungsstelle des IPCC. Die Berichte des Weltklimarates sind eine wichtige wissenschaftliche Basis für die politischen Klimaverhandlungen und somit auch für die nächste UN-Klimakonferenz im November im Warschau. Teil zwei und drei des aktuellen Reports sollen im März und April 2014 veröffentlicht werden. (APA/red, derStandard.at, 22./23.9.2013)