Kühler Luftzug statt Klimaanlagen und Gärten auf dem Dach: "Via Verde" - der grüne Weg in der Bronx.

Foto: DER STANDARD/Matthias Cremer

Die Bronx, bekannt als das Gangsterviertel New Yorks, wird ihren schlechten Ruf zumindest teilweise los. Dunkle, fensterlose Hausgänge, Fastfood-Läden und klapprige Lieferwägen - bisher stimmige Requisiten für einen gelungenen Thriller - machen Platz für begrünte und helle Wohnbereiche.

Im weniger aufregenden Alltag tragen schlechte Luft und das Fehlen von Supermärkten als Lieferanten von frischem Obst und Gemüse zur hohen Rate an Übergewicht und Asthmakranken bei. Klagen, die endemisch sind für den einkommensschwächsten südlichen Teil des Bezirks.

Als man die Bewohner entlang der 156. Straße befragte, wie sie sich ihr ideales Wohnhaus vorstellen, kam eine klare Antwort: eines, das ihr Wohlbefinden unterstützt. Vor zwei Jahren wurde Via Verde als Beispiel eines nachhaltigen öffentlichen Wohnprojekts in der Ostküstenmetropole in Betrieb genommen.

Ganzheitliche Strategie

Via Verde zeigt, wie Architektur und Stadtplanung durch ganzheitliche Strategien gesündere Wohnräume schaffen können, die zu Bewegung und sportlichen Aktivitäten anregen. Ausreichend mit Tageslicht durchflutet, sind die Stiegenhäuser so gesetzt, dass sie schneller erreichbar sind als die Aufzüge.

Außerdem umspannt das Gebäude einen Hof, der natürlichen Luftdurchzug ermöglicht und im Sommer den Energieverbrauch durch Kühlanlagen reduzieren soll. Konstruiert ist das Wohnhaus aus wiederverwerteten und lokal gefertigten Baumaterialien, die fast die Hälfte des verwendeten Gesamtvolumens betragen.

Der 3716 Quadratmeter große Dachgarten mit Obstbäumen und bewirtschaftbaren Flächen lockt die Bewohner durch einfach begehbare Verbindungstreppen an die frische Luft. Das Konzept soll den Menschen die Idee gesunder Ernährung näherbringen. Auch ein Spielplatz ist untergebracht.

Rückzugsmöglichkeit

In den schwülen Sommermonaten bietet das Grün eine Rückzugsmöglichkeit angesichts des sonst allgegenwärtigen Hitzestaus. Mit dem nachhaltigen Wohnen geht auch ein gewisses Maß an Verantwortung einher, an das sich viele erst gewöhnen müssen. Deshalb schult die Hausverwaltung neue Bewohner zum Thema korrekte Mülltrennung ein und verweist auf den Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Energiegewinnung mithilfe von dreihundert photovoltaischen Modulen, die jeweils 230 Watt stark sind.

"Um dichtere und lebhafte Städte zu schaffen, brauchen wir Modelle, die Wohnbau als integriertes System verstehen - einhergehend mit Gesundheit, Ernährung, Familie, Reflektion und Erholung", sagt der Beauftragte des Departments für Wohnbauerhaltung und -Entwicklung, Jonathan Rose.

Die New Yorker Stadtväter sehen diese Synergien zwischen aktivem und nachhaltigem Design, die in den Active Design Guidelines in Zusammenarbeit mit Institutionen wie dem American Institute of Architects (AIA) festgelegt wurden, als gute Möglichkeit, die "Killer des 21. Jahrhunderts" zu besiegen. Gemeint sind Adipositas und die daraus resultierenden chronischen Krankheiten wie beispielsweise Diabetes.

Bis jetzt scheint der Plan aufzugehen, das Interesse ist groß. Neben den 71 Genossenschafts- und den 151 geförderten Mietwohnungen wurden für die regulären freien Mietwohnungen rund 7000 Anträge gezählt.

Via Verde ist mit dem LEED-Gold-Zertifikat ausgezeichnet worden. Ob sich die Wünsche der Planer letztendlich mit den Hoffnungen der Bewohner decken, wird sich schon bald zeigen. (Sandra Pfeifer aus New York, DER STANDARD, 24.9.2013)