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Nachdem sich der Amokschütze in sein Haus zurückgezogen hatte, waren 135 Cobra-Beamte vor Ort. Beim Einsatz davor waren es laut Kritikern zu wenige gewesen. Eine Kerze und eine Laterne stehen an der Stelle, wo Alois H. einen Sanitäter und einen Polizisten erschoss.

Foto: AP/Hans Punz

Annaberg/Wien - Dunkelheit, Regen, schlechte Sicht, die enorme Gewaltbereitschaft und das atypische Verhalten des Täters. Diese Faktoren macht die Führung des Einsatzkommandos Cobra dafür verantwortlich, dass beim Einsatz gegen den mutmaßlichen Wilderer Alois H. vergangene Woche vier Einsatzkräfte erschossen wurden.

Die leitenden Beamten der Cobra sind dabei auch harter Kritik ausgesetzt - offenbar aus den eigenen Reihen und nicht nur in Form eines anonymen E-Mails, das Ende vergangener Woche auftauchte. In dem Schreiben ist von Ausrüstungsmängeln und zu wenig Personal bei dem Einsatz in Annaberg im Bezirk Lilienfeld die Rede. Beim STANDARD meldete sich ein weiterer Insider, der diese Kritik im persönlichen Gespräch bekräftigte.

"Sie sind wegen Einsparungen gestorben"

Im konkreten Fall habe ein sparsamerer Einsatzplan erstellt und durchgezogen werden müssen, meinte der Polizei-Insider. "Da sind tausendprozentig Leute wegen Einsparungen gestorben", ist er überzeugt.

In der Nacht auf 17. September seien zu wenige Leute bei der Straßensperre gewesen, die H. mit seinem Fahrzeug durchbrach. Danach schoss er auf die Beamten, ein Polizist und ein Rettungssanitäter wurden tödlich getroffen. Wenige Kilometer weiter soll H. dann zwei Beamte in einem Einsatzwagen erschossen haben.

Vor einem Jahr, im Herbst 2012, sollen bei der Suche nach dem Wilderer noch 13 Cobra-Beamte vor Ort gewesen sein, hieß es auch von der Cobra-Leitung. Wie genau der im diesjährigen Herbst angewandte Einsatzplan in Annaberg ausgesehen hat, wollte Cobra-Sprecher Detlef Polay "aus taktischen Gründen" nicht verraten.

Der Insider, der seinen Namen aus Sorge um seinen Job nicht in der Zeitung lesen möchte, sagte dem STANDARD, es hätten sechs bis acht Cobra-Beamte vor Ort sein müssen. So viele Leute brauche es bei einer Straßensperre, wo zudem mit einem Bewaffneten zu rechnen war. Wären es so viele gewesen, hätte es maximal einen, im äußersten Fall einen zweiten Toten gegeben. Nach Angaben von Einsatzleiter Walter Weninger waren drei Cobra-Beamte vor Ort. Polay betont, es sei ein von allen beteiligten Einheiten entwickeltes Konzept zum Tragen gekommen.

Wieder Kritik an Ausrüstung

Die Cobra-Beamten trugen bei der Straßensperre keine Schutzwesten, das wurde im "Kurier" auch von Cobra-Seite bestätigt. Polay hielt fest, dass es allerdings nur schusshemmende Westen gebe. Jeder Cobra-Beamte verfüge über eine solche inklusive bestimmter Einschubplatten. Außerdem seien erst vor wenigen Jahren neue Westen gekauft worden, sagte Polay - sowohl in dem E-Mail von anonymus.cobra als auch von dem Insider hatte es geheißen, die Schutzausrüstung sei zum Teil veraltet oder es gebe zu wenig davon.

"Es galt, einen Wilderer zu stellen", sagt Polay. Man habe nicht damit rechnen können, dass der Mann auf Menschen schießt. Warum war die Cobra dann vor Ort? Die Sondereinheit unterstützt laut Eigendefinition Kollegen bei "höherer Gefährdungslage". Im Bezirk Melk war 2011 ein Jäger im Wald von einem Maskierten mit einem Messer attackiert worden. Ob ein Zusammenhang mit den Wilderei-Vorfällen bestand, habe man aber nicht gewusst, sagt Polay. Diese Frage, sowie viele weitere zu anderen Straftaten, die möglicherweise H. zuzuschreiben sind, dürften die Ermittler noch Wochen beschäftigen. Außerdem soll der Einsatz evaluiert werden. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 24.9.2013)