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Spitzenjobs in Vorarlberger Spitälern sind vorwiegend von Männern besetzt. Auch die aktuellen Reformen bringen keine ausgeglichene Genderbilanz, kritisieren die Grünen. Teilzeitarbeit erweist sich für junge Ärztinnen und Mütter als Hindernis auf der Karriereleiter.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Bregenz – Eine einzige Primaria, die gleichzeitig auch die einzige ärztliche Leiterin eines Krankenhauses ist. 147 Kaderpositionen, aber nur 27 von Frauen besetzt. "Auch nach der Organisations- und Gehaltsreform an den Spitälern" schaue die Genderbilanz an Vorarlberger Krankenhäusern für die Frauen trist aus, kritisiert Katharina Wiesflecker, Abgeordnete der Grünen.

Um die Abwanderung von Oberärztinnen und -ärzten zu stoppen, wurde an den Landeskrankenhäusern ein Kadersystem eingeführt. "Das einzige in Österreich", wie Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Krankenhaus­betriebsgesellschaft, betont. Für Oberärzte und -ärztinnen wurden die Karrierestufen "bereichsleitend" und "geschäftsführend" geschaffen.

Von Chancengleichheit könne man nicht sprechen, sagt Wies­flecker: Nur 19,5 Prozent der geschäftsführenden Oberärzte sind weiblich, bei den bereichsleitenden sind es 28,6 Prozent. Eine der Bewerberinnen sei erst nach dem Gang zur Antidiskriminierungsstelle zum Zug gekommen.

"Der größte Schmarrn"

Landesregierung und Krankenhausleitungen hätten das Frauenförderungsgesetz ignoriert, sagt Wiesflecker, der Anteil in den Kaderfunktionen müsse auf 50 zu 50 korrigiert werden. Am Beispiel der Krankenhäuser zeige sich, dass das Frauenförderungsgesetz zahnlos und sanktionslos sei, die Grünen stellten einen Antrag auf Novellierung mit dem Ziel "höhere Wirksamkeit".

Gerald Fleisch reagiert erbost auf die Kritik der Grünen: "Das ist der größte Schmarrn, den ich je gehört habe." Durch die Organisationsreform seien auf einen Schlag 26 Frauen in leitende Positionen gekommen. Frauen und Männer würden grundsätzlich gleichbehandelt. Zudem habe man gerade wieder 60 neue Kinderbetreuungsplätze geschaffen. Und: "Wir freuen uns über jede Primarärztin und Chefärztin." Bisher hat man sich ein Mal gefreut: Ruth Krumpholz, Primaria am LKH Bludenz und auch dessen ärztliche Leiterin, ist die einzige Frau neben 34 Primarärzten.

Krumpholz, Anästhesistin und Mutter von drei erwachsenen Kindern, hätte gern mehr Kolleginnen in Führungspositionen. "Leider ist es aber in Vorarlberg immer noch so, dass Kinderbetreuung Frauensache ist und junge Ärztinnen deshalb Teilzeit arbeiten." "Teilzeitarbeit oder Führungsposition", sagt Fleisch, "denn Führungspersonen müssen anwesend sein."

Ruth Krumpholz bedauert: "Der Kampf um Teilzeitjobs, den meine Generation geführt hat, scheint sich jetzt als Schuss nach hinten herauszustellen." Die Ausbildungszeit durch Teilzeitarbeit zu verlängern, sei nicht karriereförderlich. Im Krankenhausalltag, der geprägt von Nacht- und Wochenenddiensten sei, ließen sich Führungspositionen nicht mit Teilzeitjobs vereinbaren.

Betriebsrat Thomas Steurer sieht "attraktive Arbeitszeiten auch für das ärztliche Personal" als eine Grundvoraussetzung für Karrierechancen. "Wir sehen ja täglich, dass sich nur wenige Frauen bewerben, weil sie Führungsjobs zeitlich nicht mit der Familie vereinbaren können." Steurer sieht auch die Gewerkschaft in der Pflicht: "Wir brauchen Anreizsysteme, neue Strategien." Wies­flecker verweist auf eine Umfrage bei Landesbediensteten: 39 Prozent der Frauen in Spitälern, 48 Prozent in der Verwaltung wären für Führungsjobs bereit. (Jutta Berger/DER STANDARD, 24.9.2013)