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Der erste Schritt zur Therapie liegt im Erkennen des Suchtverhaltens.

Foto: APA/Patrick Pleul

Sie landen oft nach Unfällen im Unfallkrankenhaus oder auf unfallchirurgischen Abteilungen, doch "ein Viertel der Alkoholkranken wird (von der Medizin, Anm.) übersehen", erklärt der Wiener Psychiater Johannes Wancata von der Universitätsklinik für Psychiatrie am AKH anlässlich der am 18. September in Wien abgehaltenen "Wiener Vorlesungen zur Sozialpsychiatrie".

Wenn es um mögliche Alkoholprobleme von Menschen geht, sollte das österreichische Gesundheitswesen sensibilisiert sein, denn zehn Prozent der Österreicher werden im Laufe ihres Lebens alkoholkrank. Fünf Prozent der Österreicher - das sind 350.000 Menschen - ab dem 16. Lebensjahr sind als alkoholkrank zu klassifizieren. 24 Prozent der Männer und jede zehnte Frau über 15 konsumieren täglich Alkohol über der Gefährdungsgrenze.

Ko-Morbiditäten

Sieben Prozent der Verletzten im Straßenverkehr und rund zehn Prozent der Verkehrstoten sind in Österreich auf Alkohol zurückzuführen. Wancata: "Die Hälfte bis zwei Drittel der alkoholkranken Personen weisen Ko-Morbiditäten auf, sie leiden auch noch an anderen psychischen Störungen." Substanz- bzw. Alkoholmissbrauch oder Abhängigkeit sind zum Beispiel mit je rund 13 Prozent auch mit Demenz oder Depressionen verbunden.

"Alkoholabhängigkeit beziehungsweise Missbrauch sind auch bei Patienten in Allgemeinkrankenhäusern häufig", sagt Wancata. "Doch sie werden immer wieder nicht erkannt. Dabei verlängert Alkohol die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus." Beratungsdienste, im Sinne der Beiziehung von Experten auf nicht-psychiatrischen Abteilungen, seien nicht ausreichend verfügbar.

Der anhaltende Trend zur Verkürzung der Dauer von Spitalsaufenthalten führe ebenfalls dazu, dass nicht immer genug Aufmerksamkeit für weitere und nicht im Vordergrund stehende Gesundheitsprobleme bei den Patienten bestehe.

Neue Typologie von Suchtkranken

Erst wenn Alkohol- und/oder andere substanzabhängige Probleme erkannt werden, kann Hilfe angeboten werden. Hier setzt sich immer mehr der Ansatz durch, dass jeder Betroffene nach seinen individuellen Ressourcen betreut werden sollte. Der Drogenspezialist Shird-Dieter Schindler vom Otto-Wagner-Spital hat nach tausenden Gesprächen mit Patienten eine neue Typologie der Suchtkranken entwickelt.

Demnach gibt es eine Gruppe von Abhängigen, die sehr belastet durch ihre Erkrankung ist. Eine zweite Gruppe ist gar nicht belastet  und besitzt auch entsprechende Möglichkeiten zum Ausgleich der Defizite. Eine dritte Gruppe ist nur wenig belastet und eine vierte Gruppe ist hoch belastet, verfügt aber ebenfalls über viele kompensatorische Möglichkeiten. Bei Bestätigung und Ausbau des Systems könnten daraus laut Schindler individuellere Therapiekonzepte entstehen. (APA/red, 24.9.2013)