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Charles Taylor (links) vor dem UNO-Sondertribunal in Den Haag.

Foto: AP/van Weel

Damaskus/Den Haag - Im "Blutdiamanten-Prozess" ist der ehemalige Präsident von Liberia, Charles Taylor, in letzter Instanz zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seine Schuld an schlimmsten Kriegsverbrechen sei zweifelsfrei erwiesen, erklärte die Berufungskammer des Sondertribunals zu Sierra Leone am Donnerstag in Leidschendam bei Den Haag und bestätigte damit das Urteil vom Mai 2012. Dem 65-jährigen Taylor wird seine Rolle im Bürgerkrieg in Sierra Leone vorgeworfen, in dem 120.000 Menschen getötet wurden.

"Die Berufungskammer bestätigt die Strafe von 50 Jahren Gefängnis und ordnet an, dass die Strafe umgehend umgesetzt wird", sagte der Vorsitzende Richter George King in Leidschendam. "Die Berufungskammer ist der Meinung, dass das Urteil der Strafkammer im Lichte der Gesamtheit der (von Taylor) begangenen Verbrechen gerecht ist."

Sieben Jahre Prozess

Taylor wurde als erstes ehemaliges Staatsoberhaupt seit den Nürnberger Prozessen gegen das Nazi-Regime schuldig gesprochen. Mit dem Urteil endet der siebenjährige Prozess gegen den einstigen Warlord.

Taylor, der in einen schwarzen Anzug mit goldgelber Krawatte gekleidet im Gerichtssaal saß, zeigte keine Gefühlsregung. Er wird nun voraussichtlich den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen, vermutlich in Großbritannien. In Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone, löste dies Freude und Erleichterung aus, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Das Fernsehen übertrug die Urteilsverkündung live.

Die Richter bestätigten den Schuldspruch für Anstiftung und Beihilfe zu tausendfachem Mord, Folterungen und Vergewaltigungen. Taylor hatte von 1998 bis 2001 die Rebellenbewegung RUF mit Waffen und logistischen Mitteln im Tausch für "Blutdiamanten" ausgestattet. Die "Revolutionary United Front" war berüchtigt für eine Terrorkampagne im westafrikanischen Nachbarland Sierra Leone.

"Wichtiges Signal"

Sie hatten gemordet und vergewaltigt sowie vermeintlichen Gegnern Hände und Beine abgehackt. Kinder wurden zum Kriegsdienst gezwungen und als Sklaven in Diamantenminen eingesetzt. "Jedes einzige dieser Verbrechen ist entsetzlich und schockierte die Welt", betonte der aus Sierra Leone stammende Vorsitzende Richter George King. Taylor habe nicht nur Opfer verletzt, "sondern auch den Konflikt angeheizt, der zu einer Bedrohung für die Sicherheit in Westafrika wurde".

Taylor hatte seit seiner Festnahme 2006 stets seine Unschuld beteuert. Die Berufungsrichter hatten jedoch alle Einwände der Verteidigung rigoros vom Tisch gefegt. Aber auch die von der Anklage geforderte Erhöhung der Strafe auf 80 Jahre Gefängnis wurde abgelehnt.

Chefanklägerin Brenda Hollis sprach von einem wichtigen Signal. "Auch ein Staatsoberhaupt wird für solche Verbrechen zur Verantwortung gezogen." Das Urteil bringe ein "gewisses Maß an Gerechtigkeit", sagte Hollis. Nun müsse festgelegt werden, wo Taylor seine Haftstrafe absitze. Großbritannien und das Gericht hätten dazu eine Vereinbarung.

Taylors Anwalt Morris Anyah zeigte sich "zutiefst enttäuscht". Er hatte auf einen ähnlichen Ausgang wie im Urteil des Haager Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien gehofft, das im Februar den früheren jugoslawischen Generalstabschef Momcilo Perisic im Berufungsverfahren freigesprochen hatte. Die Richter hatten dabei nicht genügend Beweise für eine direkte Schuld gesehen. "Die Rechtsprechung ist jetzt chaotisch, das hat praktische Folgen", sagte Taylors Anwalt Anyah.

Nach sechs Jahren ist damit der "Blutdiamanten-Prozess" zu Ende gegangen. Über 100 Zeugen waren gehört worden, darunter auch die Filmschauspielerin Mia Farrow und das britische Top-Model Naomi Campbell. Der Prozess war 2008 aus Sicherheitsgründen in den Vorort von Den Haag verlegt worden.

Taylor war 1997 zum Präsidenten Liberias gewählt worden und wurde 2003 von Rebellen aus dem Amt gedrängt. Er ging ins nigerianische Exil. 2006 willigte Nigeria in die Auslieferung des mit internationalem Haftbefehl gesuchten Mannes ein. (APA, 26.9.2013)