Wien - Harald Posch und Ali M. Abdullah, die künstlerischen Leiter der Wiener Innenstadtbühne Garage X, blickten bei ihrer Spielplanpressekonferenz am Donnerstag mit Freude auf die "bisher erfolgreichste Saison", die mit einer Auslastung von 87 Prozent (knapp 13.000 Karten für 159 Vorstellungen) zurück. In ihrem fünften Jahr widmet sich die Garage X - neben Poppigen wie einer "Feuchtgebiete"-Bühnenfassung - unter dem Leitmotiv "Nach der Demokratie" Krisenerscheinungen der Demokratie - mit einer Uraufführung von Josef Winkler, einem neuen Show-Format von Robert Misik oder einer theatralen Aufarbeitung der Rede des norwegischen Terroristen Breivik.
Der Saison-Auftakt am 24. Oktober wird musikalisch bestritten und bringt die bereits mehrmals aufgelöste und wiedervereinte Band "Mäuse" mit Tex Rubinowitz und Gerhard Potuznik auf die Bühne. Tags darauf werden dann wieder unter der Federführung von Julius Deutschbauer die "unpolitischsten Theaterproduktionen Wiens 2012/2013" gekürt, nominiert sind u.a. Luc Bondys Festwochen-Inszenierung "Tartuffe" in der Kategorie "Der große Gönner", Peter Turrinis "Der Riese vom Steinfeld" am Volkstheater (Kategorie "Die dickste Staubschicht") oder Kehlmanns "Der Mentor" in der Josefstadt (Kategorie "Die besten Nachwuchs-Weltverbesserer"). Den "Spezialpreis für thesenfreie Positionierung" erhält fix der MuTh-Konzertsaal der Wiener Sängerknaben, in der neuen Bundesländer-Kategorie "Helden und Heldinnen der Provinz" ist Elfriede Jelineks "Winterreise" am Stadttheater Klagenfurt ebenso nominiert wie Alexander Pereira "für seine Gesamtleistung bei den Salzburger Festspielen seit 2012".
Diskurs-Jockeys
Mit dem Büchner-Preisträger Josef Winkler konnte die Garage X einen prominenten Autor für ein Auftragswerk gewinnen: In der Regie von Gerhard Fresacher feiert Winklers "Wetterleuchten auf der Zungenspitze" am 30. Oktober seine Premiere. Das neue Stück soll sowohl Romanauszüge aus "Der Leibeigene" und "Leichnam, seine Familie belauernd" sowie neue Texte beinhalten.
Einem Hype folgt man mit der Österreichischen Erstaufführung von Charlotte Roches soeben auch in den Kinos angelaufenen "Feuchtgebieten", die Angelika Zacek in ihrer ersten Wiener Regiearbeit mit Nina Horvath, Nicola Schößler und Anna Franziska Srna realisieren wird (Premiere: 20. November). Schließlich habe die Autorin "immerhin den Anspruch, gegen die allgegenwärtige kapitalistische Zurichtung der Frauen zum makellosen (...) Objekt anzuschreiben".
"Breiviks Erklärung" heißt Milo Raus höchst brisante theatrale Auseinandersetzung mit dem norwegischen Terroristen und 77-fachen Mörder, die am 11. Dezember ihre Wien-Premiere feiert. Eine "Unmöglichkeit und Überforderung" bildet laut Posch Christine Eders Ansinnen, David Foster Wallaces 1545 Seiten umfassendes Werk "Unendlicher Spaß (Infinite Jest)" auf die Bühne zu bringen (ÖEA: 15. Jänner 2014).
"Ein weiteres Mammutwerk" nimmt man sich in einer Koproduktion mit dem Berliner Ballhaus Ost vor, wenn Marat Burnashev James Joyes "Ulysses" gegen Ende der Saison ("oder zu Beginn der nächsten") auf die Bühne bringt - "keine Kleinigkeit", so Posch. Als Garage X-Eigenproduktion inszeniert Abdullah im März 2014 eine "Überschreibung" von Henrik Ibsens naturalistischem Meisterwerk "Ein Volksfeind".
"Jäger & Stammler. Die Diskurs-Jockeys" nennt sich das neue Format mit dem Wiener Autor Robert Misik und der Sängerin Mimu Merz am 31. Oktober: In "Folge 1: Bis hierhin und noch weiter- eine Regierungserklärung" widmet man sich am 31. Oktober "Leftistenopinionen und Befindlichkeitslyrik", wie es heißt. "Läuft alles schief", so Abdullah, soll das Format in der übernächsten Saison in Serie gehen. "Autorengespräche jenseits der Textfabrikation" wird "Falter"-Redakteur Klaus Nüchtern ab Dezember in seiner Literaturreihe "Sonst noch was...?" u.a. mit Josef Winkler führen.
Weiters auf dem Programm steht eine Installation von Bülent Kulluckcu, Anton Kaun und Dominik Obalski: Anhand der "Robotermärchen" von Stanislaw Lem wird hier "zum wiederaufkommenden Übel des Nationalismus" gearbeitet (13. November). "Fast unter Dach und Fach" ist laut den Geschäftsführern die Uraufführung von Mario Salazars "Alles Gold was glänzt", das im Frühjahr 2014 als "Austauschgastspiel" des Theaters Heidelberg nach Wien kommen soll.
Zahlreiche Diskussionsveranstaltungen runden die Theatersaison inhaltlich ab, bevor man ab Herbst 2014 in die erste gemeinsame Spielzeit mit dem Kabelwerk geht. Details zur künftigen Zusammenarbeit wollen Posch und Abdullah im Frühjahr bekannt geben. Dann wird wohl auch schon bekannt sein, in welchem Umfang sich die derzeit bei 720.000 Euro stehende Subvention der Stadt Wien erhöht haben wird. Auf alle Fälle wird im Juni der fünfte Geburtstag der Garage X mit der Präsentation einer Chronik in Buchform und einem Fest begangen. (APA, 26.9.2013 )