Kurz sah es so aus, als habe Russland im Syrien-Konflikt eine Rolle übernommen, wie sie einer verantwortungsbewussten Großmacht zukommt. Die US-Gewaltandrohung gegen das Assad-Regime wegen des Giftgaseinsatzes erlaubte es Moskau, sich als effektiver internationaler Krisenmanager darzustellen und eine Lösung für das syrische C-Waffen-Problem auszuarbeiten.

Ohne den amerikanischen Flottenaufmarsch vor der syrischen Küste wäre das wohl nicht möglich gewesen. Jetzt aber blockiert Russland eine UN-Resolution, die wirksame Sanktionen einschließlich militärischer Gewalt vorsieht, falls das Assad-Regime seine Zusagen nicht einhält.

Diese Linie ist in sich widersprüchlich und scheint jene zu bestätigen, die Russlands Vorgehen von Anfang an skeptisch beurteilten. Und Moskaus jüngster Vorschlag erhärtet diesen Verdacht - dass hier das alte Spiel unter neuem Namen gespielt wird.

Russland bietet an, selbst die Zerstörung der syrischen C-Waffen zu überwachen. Warum erst jetzt? Warum hat es sich nicht schon längst um ein entsprechendes Uno-Mandat beworben? Kompetenz und Verantwortung hätte Moskau zur Genüge: Die Sowjetunion war Hauptbeteiligter beim Aufbau des syrischen Chemiewaffenarsenals. Wie man es auch dreht und wendet: Russlands Glaubwürdigkeit steht und fällt mit der Bereitschaft, seinem syrischen Verbündeten notfalls die schützende Hand zu entziehen. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 27.9.2013)