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Nicht nur dieses Eiland nahe der pazifischen Insel Kiribati wird im Laufe der nächsten Jahrzehnte wohl im Meer verschwinden, wie die neuen Prognosen des Weltklimaberichts nahelegen.

Foto: REUTERS/David Gray

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Die Arktis ist eine der Regionen, die den Klimawandel am stärksten zu spüren bekommen.

Foto: Extreme Ice Survey, James Balog/AP/dapd

Stockholm/Wien - Vier Tage lang wurde bis weit in die Nacht hinein um jede Formulierung gerungen. Am Freitag Vormittag wurde dann wie geplant die 36-seitige Zusammenfassung des fünften Weltklimaberichts präsentiert. Und auch wenn sich in den letzten 15 Jahren die Erde nicht mehr so schnell erwärmt hat wie noch vor einigen Jahrzehnten: Die Grundbotschaft fiel noch schärfer aus als im bisher letzten Bericht 2007.

"Was man da in Szenarien als Obergrenze angenommen hat, ist jetzt zum Teil schon überschritten worden", sagt der Glaziologe Georg Kaser, der als einziger österreichischer Wissenschafter an den Verhandlungen teilgenommen hatte. Die Schuld für den Anstieg der Temperaturen sehen die Forscher des Weltklimarats mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von 95 bis 100 Prozent im Einfluss des Menschen.

Hatte das UN-Gremium die Wahrscheinlichkeit im vierten Sachstandsbericht noch mit 90 Prozent angegeben, bezeichnete es die These nun als "extrem wahrscheinlich" - ein Begriff, der eine Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent umschreibt.

Die Wissenschafter warnen vor einer weiteren Erwärmung des globalen Klimas mit dramatischen Auswirkungen auf das Wetter, den Meeresspiegel und die Arktis. Besonders die Meere haben sich demnach erheblich erwärmt, die Polkappen tauen schneller. Hitzewellen und Hochwasser würden ebenso zunehmen wie starker Regen in gemäßigten Zonen wie Österreich.

Steigender Meeresspiegel

Eine der Kernpassagen des Berichts betrifft den Meeresspiegel, der laut dem Bericht gut ein Drittel höher ausfallen wird als bisher prognostiziert. Er droht bis zum Jahr 2100 - je nach Szenario - um 26 bis 82 Zentimeter zu steigen, heißt es in der Zusammenfassung. In seinem vierten Sachstandsbericht von 2007 hatte der IPCC noch Anstiege von 18 bis 59 Zentimetern vorhergesagt. Durch den höheren Meeresspiegel könnten Inseln und flache Küstengebiete dauerhaft überflutet werden.

Die Weltgemeinschaft droht laut den Befunden des IPCC außerdem ihr Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad deutlich zu verfehlen. Die Durchschnittstemperaturen würden je nach Szenario bis zum Jahr 2100 um einen Wert zwischen 0,3 und 4,8 Grad steigen. Dabei muss jeweils noch berücksichtigt werden, dass die Durchschnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bereits um etwa 0,8 Grad gestiegen ist.

Bei einem Temperaturanstieg um mehr als zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter fürchten Wissenschafter kaum beherrschbare Umweltfolgen: So würde die Gefahr von Dürren und Stürmen steigen.

Für Diskussionen sorgte wie erwartet der Umstand, dass die globale Durchschnittstemperatur seit 15 Jahren nicht so stark wie die Jahrzehnte zuvor. In den vergangenen 50 Jahren ist die weltweite Durchschnittstemperatur um 0,12 Grad Celsius pro Jahrzehnt angestiegen. In den vergangenen 15 Jahren lag der Anstieg allerdings nur bei 0,05 Grad pro Jahrzehnt.

Gründe für Verlangsamung

Die in Stockholm veröffentlichte Zusammenfassung des ersten Berichtsteils führt diese Verlangsamung etwa zur Hälfte auf die veränderte Aktivität der Vulkane und der Sonne zurück. Außerdem wird eine Veränderung in der Aktivität der Sonne selbst vermutet. Zur anderen Hälfte wird der verlangsamte Temperaturanstieg auf einen kühlenden Effekt durch "interne Variabilität" zurückgeführt. Das UN-Gremium geht davon aus, dass die Meerestemperaturen in einer Tiefe ab 3000 Metern seit den 1990er-Jahren steigen.

Letztlich fand das Phänomen mit zwei Absätzen Eingang in den Bericht. Darin wird auch nicht ausgeschlossen, dass in einigen Temperaturmodellen die Folgen zunehmender Treibhausgasemissionen überschätzt wurden.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon drückte in einer Videobotschaft seine Hoffnung aus, dass der Bericht eine wesentliche unabhängige Grundlage für ein neues ehrgeiziges Klimaschutzabkommen sei.

Mit einer rhetorischen Frage reagierte die zuständige EU-Kommissarin Connie Hedegaard auf eine Kernaussage des Berichts: "Was würden Sie machen, wenn Ihr Arzt zu 95 Prozent sicher ist, dass Sie eine ernsthafte Krankheit haben?" (tasch/APA, DER STANDARD, 28.9.2013)