Nichts ist für einen Wahlkampfstrategen schwieriger als der Wahlkampfendspurt. Wochenlang haben die Kandidaten ihr Bestes gegeben: Hier ein feiner Aufruf zur Nächstenliebe, dort ein kleiner Appell, Profikillern die Rübe abzusäbeln. Brillante politische Ideen, gewiss - aber die Erfahrung lehrt, dass oft auch brillante Ideen nicht richtig verfangen und der wankelmütige Wähler dann wider Erwarten doch noch die gegnerische Partei ankreuzelt. Ein schöner Schmarren!
Hier kommen die Wahlkampfgeschenke ins Spiel. Mit ihnen kann man noch in letzter Minute mächtig punkten. Legendäre Wahlkampfgeschenke der vergangenen Dezennien waren a) der Ederer-Tausender, b) Gernot Rumpolds FPÖ-Taschenbillard und c) der Haider-Hypo-Hunderter, mit dem der Landeshauptmann erfolgreich greise Kärntner Muatterln abschmierte.
Auch ich zähle ja zu den unsicheren Kantonisten, die man problemlos mit einem geilen Give-away ködern könnte. Wenn mir Frank - und ich hoffe, er liest das jetzt - einen Beutel Gold herüberwachsen lässt, kreuz ich ihn am Sonntag an, ohne mit der Wimper zu zucken.
Die Auswahl eines Wahlkampfgeschenks ist eine Sache, die viel Fingerspitzengefühl erfordert. Manche Objekte sind eher fad (Feuerzeug, Nagelschere), andere sind tendenziell problematisch. Dazu zählen Deodosen (erweckt womöglich den Eindruck, man werde für einen Stinker gehalten), Furzkissen oder Dildos für Erstwählerinnen ("Damit es ein befriedigendes Ergebnis wird"). Das ist zwar pfiffig formuliert, kann aber sensible Beschenkte verschrecken.
Immer gern gesehen werden Give-aways, die Werte, Überzeugungen und Leistungen der jeweiligen Partei auf den Punkt bringen: von den Grünen der Kugelschreiber aus biologisch-dynamischem Anbau, von der FPÖ der formschöne Bierhumpen mit der "Ausländer raus"-Aufschrift, von der ÖVP die schmucke Miniaturfußfessel mit schwarz-blauem Plüschbesatz, als augenzwinkernde Erinnerung an die Koalitionsjahre 2000 bis 2006, und von der SPÖ der Anlagerechner Marke "Gabi", mit dem man in null Komma nichts die Rendite seiner finanziellen Engagements errechnen kann.
Falls Sie jetzt nach der Lektüre die Lust auf ein Geschenk umtreiben sollte: Nichts wie auf in die nächste Fuzo oder in die Lugner-City. Die Chancen, dass Sie etwas abbekommen, stehen gut. (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 28./29.9.2013)