Jerusalem - Zum ersten Mal hat die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem einem Ägypter posthum den Titel eines "Gerechten unter den Völkern" verliehen. Wie die in Jerusalem gelegene Gedenkstätte am Montag mitteilte, würdigt sie damit den selbstlosen Einsatz des in Berlin praktizierenden Arztes Mohamed Helmy und seiner deutschen Verlobten Frieda Szturmann, die "im Herzen von Nazideutschland gemeinsam ihr Leben aufs Spiel setzten", um vier Mitglieder einer jüdischen Familie vor dem Holocaust zu retten.

"Dr. Helmy ist der erste Ägypter, der als Gerechter unter den Völkern anerkannt wird", berichtete Yad Vaschem. Es werde versucht, Verwandte ausfindig zu machen, um ihnen die Gedenkmedaille und die Urkunde zu übergeben.

Entlassung und Festnahme

Der 1901 geborene Helmy lebte ab 1922 in Berlin, wo er nach dem Medizinstudium am Robert-Koch-Institut arbeitete. 1937 wurde er dort entlassen, weil Nicht-Ariern die Beschäftigung im öffentlichen Gesundheitswesen verboten war, wie die Gedenkstätte weiter mitteilte. Aus gleichem Grund konnte er seine deutsche Verlobte nicht heiraten. 1939 wurde Helmy wie andere Ägypter in Berlin festgenommen, ein Jahr später aber aufgrund von gesundheitlichen Problemen freigelassen.

Obwohl er selbst als Nazigegner verdächtigt wurde und wiederholt von der Gestapo verhört wurde, half Helmy in der Folgezeit einer jüdischen Familie, die er als Hausarzt kennengelernt hatte. So versteckte er die damals 21-jährige Anna Boros ab März 1942 bis zum Kriegsende in einer Gartenlaube im Berliner Außenbezirk Buch. Annas Mutter Julie, ihr Stiefvater Georg Wehr und die Großmutter Cecilie Rudnik kamen bei Frieda Szturmann unter, wo Helmy sie mit Lebensmitteln versorgte und medizinisch betreute.

Briefe in Berliner Archiven entdeckt

Die vier Verfolgten überlebten die Judenverfolgung in der Nazizeit trotz mehrere brenzliger Situationen und wanderten sofort danach in die USA aus, wo Anna heiratete und den Namen Gutman annahm. Sie schrieb in den 50er und den frühen 60er-Jahren mehrere Briefe an den Berliner Senat, in denen sie ihre Rettung durch Helmy und Szturmann schilderte. Diese Briefe wurden, nachdem sie in den Berliner Archiven entdeckt wurden, kürzlich Yad Vaschem zur Verfügung gestellt.

Die beiden posthum als "Gerechte unter den Völkern" Geehrten, konnten nach dem Krieg heiraten und lebten bis zu ihrem Tod in Berlin. Helmy starb dort 1982, seine Frau 20 Jahre früher. Mit der seit 1963 vergebenen Ehrenmedaille von Yad Vaschem sind bisher mehr als 24.000 Menschen aus 44 Ländern ausgezeichnet worden. Vor einer Woche war der italienische Radchampion Gino Bartali geehrt worden, der bei der Rettung von Juden während der Besatzung Italiens durch Hitler-Deutschland geholfen hatte. (APA, 30.9.2013)