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Sie sollten schweigen und nicht singen, fordert der Spar-Konzern von den Kartellwächtern der Bundeswettbewerbsbehörde.

Foto: APA/Perrey

Nach den Vorwürfen wegen einer angeblich illegalen Spionage-Software eröffnet der Spar-Konzern eine weitere rechtliche Front gegen die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die die Handelsgruppe wegen mutmaßlicher Preisabsprachen im Visier hat. Wie eine Spar-Sprecherin dem Standard bestätigt, wird eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission wegen Verletzungen der Amtsverschwiegenheit erwogen. Spar wirft der BWB vor, Maßnahmen gegen den Konzern in einem laufenden Verfahren an die Medien weitergegeben und damit gegen das Bundesverfassungsgesetz und das Datenschutzgesetz verstoßen zu haben. Die Privatsphäre des Unternehmens sei dadurch verletzt und sein Ruf beschädigt worden.

Grundlage der Beschwerde ist ein Gutachten von Nicolas Raschauer, Professor für öffentliches Recht an der Johannes-Kepler-Universität in Linz. Raschauer geht davon aus, dass die BWB wie jede andere Behörde unter die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit fällt und Ermittlungen bei Unternehmen in einem laufenden Verfahren nicht bekanntgeben darf.

Zwar gelte in Österreich das Recht auf freie Meinungsäußerung, aber Ermittlungsbehörden wie die BWB dürften nur dann eine Auskunft erteilen, "wenn dem nicht ein überwiegendes Interesse einer anderen Partei entgegensteht", sagt Raschauer im Standard-Gespräch. Diese Interessenabwägung sei von der BWB im Falle der Untersuchung ge- gen Spar nicht berücksichtigt worden.

Anders als etwa bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) fehlen die gesetzlichen Vorschriften für die Öffentlichkeitsarbeit der BWB, betont Raschauer. Es fehle dazu auch an Judikatur, aber aufgrund von Lehrmeinungen geht Raschauer davon aus, dass frühestens bei einem Antrag ans Kartellgericht die Information der Öffentlichkeit gerechtfertigt sei. Zuvor bestünde auch nach Art. 8 Abs. 2 EMRK kein öffentliches Interesse, um einen solchen Eingriff in die Privatsphäre zu rechtfertigen.

In dem sich Spar nun an die Datenschutzkommission wendet, will sie nicht nur diese Frage einer rechtlichen Klärung zuführen, sondern auch den Weg für noch nicht spezifizierte Schadenersatzforderungen ebnen.

"Datenschutz verletzt"

Unter dem Datenschutzgesetz seien juristische Personen genauso geschützt wie natürliche Personen, betont Raschauer. Ohne Zustimmung von Betroffenen seien auch Namen von Spar-Lieferanten genannt worden, die angeblich Preisabsprachen getroffen hätten. "Das ist eine unzulässige Verwendung personenbezogener Daten, da wurde der Datenschutz verletzt", sagt er. Schließlich gelte auch für sie vor einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.

Auch das große öffentliche Interesse an Preisabsprachen im Einzelhandel rechtfertige keine öffentliche Anprangerung. "Auch bedeutende Konzerne wie Spar haben ein Recht, gleich behandelt zu werden wie weniger bekannte Unternehmen", sagt Raschauer. "Da muss sich die Ermittlungsbehörde zurückhalten, da gehen die Interessen des anderen vor."

Der Sprecher der BWB, Stefan Keznickl, bestreitet, sich mit Informationen über die Spar-Ermittlungen an die Öffentlichkeit oder die Medien gewandt zu haben. Der Umgang mit sensiblen Informationen sei im Gesetz geregelt, und die BWB gehe etwa mit Razzien nicht an die Öffentlichkeit. "Ich bin da sehr zurückhaltend", sagt Keznickl. "Wenn ich gefragt werde, bestätige ich eine Untersuchung, aber nenne keine Namen, ja nicht einmal die Branche."

Ob sein Chef Theodor Thanner, Generaldirektor für Wettbewerb, genauso vorsichtig ist, ist allerdings unklar. Bei einem Pressegespräch im April sprach Thanner offen vor Journalisten über die Ermittlungen gegen Spar. (Eric Frey, DER STANDARD, 2.10.2013)