Die harte Rechte ist eine Konstante in Österreichs Politik geworden. Sie war immer da, einmal größer, einmal kleiner, praktisch unsichtbar (weil in den damaligen Großparteien integriert), oder sichtbar (ab Haider). Sie hat bei Wahlen schon 27 Prozent erreicht (1999), derzeit hält sie bei 21 Prozent. Sie liegt damit knapp hinter der zweitstärksten Partei (ÖVP, 24 Prozent) und nicht allzu weit hinter der stärksten (SPÖ, 27 Prozent). Zur FPÖ kam noch Stronach hinzu, der in Bezug auf Ausländerfeindlichkeit, latenten Antisemitismus und so weiter clean ist, aber von dem ebenfalls autoritäre Lösungen erwartet werden (und der auch einige eher bedenkliche Ideen über einen Umbau der repräsentativen Demokratie hat).

Warum ist das so? Kann/soll man das ändern? Wenn ja, wie?

Das rechte Wählerpotenzial befürwortet in seiner übergroßen Mehrheit keine ausgesprochene Nazi- oder Nazi-ähnliche Politik. Aber es fühlt sich durch die NS-Affinität mancher Gedanken und Personen in der FPÖ nicht besonders abgestoßen. Der Wähler von Rechtsaußenparteien nimmt damit demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklungen und Maßnahmen in Kauf.

Der sozioökonomische Hintergrund, vor dem sich das seit mindestens 20 Jahren abspielt, lautet:Abstiegsängste bei den Älteren, Zukunftsängste bei den Jungen. Den traditionellen Parteien trauen da beide nichts (mehr) zu. Der steirische Landeshauptmann Voves sagte: "Wir erreichen die Arbeiter in den Industriegebieten nicht mehr." Im Wiener Gemeindebau konnte Strache mit seinem (Kickls) Spruch punkten: "Willst du eine Wohnung haben, musst du Kopftuch tragen."

Beschwichtigungspolitik bringt da nichts. Der Ansatzpunkt muss wohl bei den konkreten Abstiegs-und Zukunftsängsten der Rechtswähler liegen. In der Zuwanderungsfrage ist der erste Schritt, das Problem überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Das ist erst seit wenigen Jahren der Fall, aber immerhin. Der entscheidende Punkt ist eine Kraftanstrengung, um die Tatsache zu bekämpfen, dass so viele Zuwandererkinder nicht sozial aufsteigen, sondern sogar zurückfallen. Denn unsere Jugend besteht zu einem hohen Prozentsatz aus Zuwandererkindern.

Zweitens muss (wieder) Wirtschaftspolitik betrieben werden. Die SPÖ-ÖVP-Regierung hat die Finanzkrise ganz gut gemanagt. Aber der Rest war Stillstand, Arbeitsverweigerung, Zurückweichen vor der eigenen Kernklientel. Das Rezept heißt nicht staatliche Steuerungspolitik nach retrolinkem Muster, sondern die Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen. Der schwerindustrielle Großkonzern ebenso wie der im Kreativbereich tätige Einpersonenunternehmer lechzen danach. Die alarmierendste Äußerung fiel kürzlich in einem Karriere-STANDARD-Interview mit Voest-Chef Wolfgang Eder: Hochqualifizierte wandern ab oder kommen erst gar nicht, weil die Bedingungen nicht stimmen. Es gibt ein Bündel von Maßnahmen, das Experten und Thinktanks erarbeitet haben. Da hätten auch gewisse Steuererhöhungen Platz, aber eben nur in einem Gesamtkonzept.

Die Traditionsparteien werden nie wieder die alte Größe erreichen. Aber die meisten Wähler sind von rechtsaußen in den demokratieverträglichen Bereich zurückzuholen. Eine weitere Radikalisierung kann verhindert werden. Es muss nur wieder erkennbare Politik gemacht werden. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 2.10.2013)