Christina Steinbrecher-Pfandt und Vita Zaman leiten gemeinsam die Viennafair, die kommenden Donnerstag startet. Wojciech Czaja war bei den beiden Asketinnen zu Besuch und wunderte sich über die leeren Schubladen.

"Im Frühjahr 2012 sind wir nach Wien gezogen, und seit etwa einem Jahr wohnen wir jetzt hier in dieser Wohnung. Zunächst haben wir ganz klassisch auf dem Inseratenmarkt gesucht, aber das gestaltete sich langwieriger als gedacht. Durch einen Freund sind wir dann auf diese Mietwohnung in der Prinz-Eugen-Straße gestoßen. Das Schönste daran ist der Ausblick. Wir schauen direkt auf das Schloss Belvedere. Ein Traum. In Moskau und New York, wo wir früher gelebt und gearbeitet haben, wäre so eine Aussicht unbezahlbar.

Foto: Lisi Specht

"Zuhause, das ist irgendwie überall und nirgendwo." Die beiden Viennafair-Leiterinnen Vita Zaman (links) und Christina Steinbrecher-Pfandt. (Foto: Lisi Specht)

Wien ist eine schöne und ruhige Stadt. Am meisten gefällt uns, wie gepflegt die Straßen hier sind, wie groß das Bewusstsein für ein angenehmes, menschliches Ambiente in den einzelnen Bezirken ist. Und natürlich, dass wir endlich Wasser aus der Wasserleitung trinken können und nicht ständig hektoliterweise stilles Mineralwasser aus dem Supermarkt nach Hause schleppen müssen! Das ist, wenn wir von Alltag und Alltagskomfort sprechen, der vielleicht größte Gewinn für uns. Einziger Nachteil: Wien ist keine wirkliche Partystadt. Die Menschen gehen früh ins Bett, und große Partys wie in Manhattan oder Moskau, na ja, die sucht man hier vergeblich. Aber das können wir ja zum Glück nachholen. Beide sind wir beruflich rund drei- bis viermal im Monat rund um die Welt unterwegs. Und dann bleibt immer auch ein bisschen Zeit zum Feiern.

Aber zurück zu unserem Wohnzimmer. Wie gesagt: Wir schauen raus aufs Schloss Belvedere, wobei wir das Gebäude meistens leider erst bei Dunkelheit und künstlicher Beleuchtung zu Gesicht kriegen, weil wir so lange arbeiten, vor allem jetzt, in der Zeit unmittelbar vor der Viennafair. Und nachdem wir nur wenig Ahnung von dieser Gegend hatten, haben wir uns das Buch 'Prinz Eugen' von Ernst Trost gekauft. So bilden wir uns, Abend für Abend, ein bisschen fort. Wenn man schon in der Prinz-Eugen-Straße wohnt, dann sollte man auch darüber Bescheid wissen.

Die Wohnung hat 90 Quadratmeter und ist in einem perfekt sanierten Zustand. Und wie man unschwer erkennt, wirkt die Wohnung noch immer nicht besonders wohnlich. Der Zustand ist, wenn man so will, eine Art halbmöbliertes Langzeitprovisorium. Wir haben fast keine Gegenstände. Sämtliche Schubladen und Schränke sind leer. Als wir damals eingezogen sind, haben wir uns einen Tag lang freigenommen und sind zu Ikea gefahren, um dort auf einen Sitz ein paar Tausend Euro auszugeben und uns innerhalb weniger Stunden einzurichten. Das ist jetzt ein Jahr her. Seit damals ist wenig bis nichts passiert. Wir sind halt Workaholics. Ein Wunder, dass wir überhaupt eine Couch und einen Couchtisch haben.

Die Wohnung ist wohl ein ziemlich genaues Abbild unseres Wohnverständnisses. Für uns ist eine Wohnung nur ein Dach über dem Kopf, wo wir die Nacht verbringen und Körperpflege betreiben können. Das Wesentliche jedoch findet nicht in den eigenen vier Wänden, sondern draußen in der Öffentlichkeit statt – im Büro, im Café, im Kino, mit Arbeitskollegen und Freunden. Für uns ist das ganz normal. Doch viele Leute schauen uns ziemlich mitleiderregend an, weil sie für diese moderne Nomadenlebensform nur wenig Begeisterung aufbringen können.

Andererseits: Wenn man so viel unterwegs ist und alle paar Jahre in einer anderen Stadt lebt und arbeitet, dann kann man gar nicht anders, dann ist man gezwungen, sich mit einem sehr flexiblen und dehnbaren Heimatbegriff anzufreunden. Das Poster mit den Flaggen der UN-Mitgliedsländer hinten an der Wand spiegelt ein bisschen wider, was wir unter dem Begriff Zuhause verstehen. Zuhause, das ist irgendwie überall und nirgendwo." (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 5.10.2013)