Krems - Bis sie ihre Hände in die feuchte Erde eintauchen können und es endlich ans Bäumepflanzen geht, müssen sich die jungen Besucher der Plant-for-the-Planet-Akademie in Krems zunächst noch gedulden. Viele Stunden diskutieren die 30 Kinder und Jugendlichen zuerst über die Ziele der Initiative: Um den Klimawandel aufzuhalten, sollen bis 2020 weltweit 1000 Milliarden - oder eine Billion - Bäume gepflanzt werden, denn jeder Baum bindet CO2 und reduziert Treibhausgase. Eine Eins mit zwölf Nullen - das ist schwer vorstellbar. Mit 150 Bäumen pro Kopf wird das Ziel überschaubarer. In den Akademien sollen Kinder und Jugendliche lernen, warum das Bäumepflanzen wichtig ist und wie neue Unterstützer gewonnen werden können. 21.000 dieser Klimabotschafter gibt es bereits - quer über den Globus verteilt.

Angereist ist auch der 15-jährige Initiator von Plant-for-the-Planet, Felix Finkbeiner. Im Rahmen der Denkwerkstätte GlobArt hält er einen Vortrag über Zukunftsvisionen und nützt die Gelegenheit, um in Krems auch eine Akademie durchzuführen.

Vorträge halten und Reisen gehören für Felix zum Alltag - schon fast sieben Jahre ist es her, dass ihm während der Vorbereitung eines Schulreferats über Klimaschutz die Idee zu Plant-for-the-Planet kam. Bleibt da überhaupt noch Zeit für die Schule? Felix nickt - "noch bekomme ich alles unter einen Hut".

Im Klimawandel sieht der Deutsche das größte Problem unserer Zeit - vor allem weil der CO2-Verbrauch global ungleich verteilt ist. Felix setzt sich deswegen für eine Obergrenze ein - übersteigt ein Land diese, sollte es dafür zahlen.

In einer diesen März gehaltenen Rede ging der 15-Jährige sogar so weit, den Klimawandel mit einer Diktatur zu vergleichen. Von Politikern vermisst er Engagement: "So ein wichtiges Thema wie der Klimawandel wurde im deutschen Wahlkampf ignoriert." Auch wirft er den Entscheidungsträgern in seiner Heimat Heuchelei vor: " Der Ausstieg aus der Atomkraft war eine gute Idee. Diese wurde von der Politik aber wieder zerstört - die Umsetzung läuft schlecht, und die Bevölkerung trägt die Kosten." Sobald er 18 ist, möchte er deshalb gemeinsam mit anderen eine weltweit vernetzte Partei gründen, die sich mit dem Klimawandel beschäftigt.

Knifflige Überzeugungsarbeit

Dass der Werbeslogan "Stop talking - start planting" heißt, ist eine logische Folge aus dieser Unzufriedenheit mit den Politikern. Für die Kampagne hielt Felix so prominenten Unterstützern wie Gisele Bündchen, seinem persönlichen Vorbild Al Gore und - vor laufender Kamera - Günther Jauch den Mund zu.

Es sind aber vor allem die aktiven jungen Menschen, die den Erfolg von Plant-for-the-Planet ausmachen. Die elfjährige Johanna ist eine von ihnen. Seit drei Jahren engagiert sie sich für die Initiative und eröffnet die Akademie mit einer informativen Powerpoint-Präsentation über den Klimawandel.

Ein wichtiges Instrument der Klimabotschafter ist ihre Überzeugungskraft - schließlich sollen viele neue Menschen für die gute Sache gewonnen werden. Rhetorikkurse sind deswegen fester Bestandteil der Akademien. "Obama und die Bürgermeister" heißt es von den Anwesenden auf die Frage, wer solche Kurse denn notwendig habe. Zur Übung werden Texte ausgeteilt, die von den Kindern zusammengefasst und anschließend vor den anderen präsentiert werden. Deniz versetzt sich in die Rolle von Kariungi aus Tansania und berichtet von schlimmen Dürren, während Fabian den komplizierten Treibhauseffekt erklärt. Auch nach der fleischlosen Mittagspause geht die Ideensuche weiter.

Am späten Nachmittag, nach vielen Stunden intensiver Auseinandersetzung, ist es dann so weit - doch bevor es an die frische Luft zum Bäumepflanzen geht, bekommen die Teilnehmer noch Urkunden und mit Werbematerial prall gefüllte Jutebeutel überreicht - die Stimmung ist ausgelassen.

Wie viele Bäume weltweit bislang gepflanzt wurden, kann man auf der Plant-for-the-Planet-Homepage mitverfolgen - das sogenannte Tree-O-Meter zählt bis zum heutigen Tag rund 12,6 Milliarden gepflanzte Bäume. Mit der Akademie in Krems kommen 30 Nussbäume - und ebenso viele motivierte junge Klimabotschafter hinzu. Die frisch gepflanzten Bäume haben wohl nicht nur in der Erde, sondern auch in ihren Köpfen Wurzeln geschlagen. (Darius Djawadi, Philipp Koch, Anna Strümpel, DER STANDARD, 2.10.2013)