In seinem letzten Fernsehauftritt vor dem Rücktritt, bei der TV-Debatte der Oppositionschefs vor der Nationalratswahl am vergangenen Donnerstag, erklärte BZÖ-Chef Josef Bucher, dass sich Steuersenkungen bekanntlich selbst finanzieren würden, weil das zusätzliche Wachstum dem Staat so viele Mehreinnahmen bringe.
Bucher übernahm dabei das Argument des US-Ökonomen Arthur Laffer, der diesen Zusammenhang zwischen Steuersätzen und Staatseinnahmen 1974 in einem Café in Washington auf eine Serviette gezeichnet hatte - im Gespräch mit Donald Rumsfeld und Dick Cheney, die damals für den republikanischen Präsidenten Gerald Ford arbeiteten.
Als Laffer-Kurve wurde diese Zeichnung berühmt, und sie überzeugte vor allem den Präsidentschaftskandidaten Ronald Reagan, der sie nach seinem Wahlsieg durch seine als "Reagonomics" bekannte Steuersenkungspolitik auch umzusetzen versuchte. Laffer war in den ersten Jahren der Reagan-Regierung sein Wirtschaftsberater. Die Folge ist bekannt: explodierende Staatsschulden, die die US-Wirtschaft bis heute belasten.
"Das habe ich nie behauptet"
Laffer war vergangene Woche auf Einladung des Austrian Economics Center in Wien. Auf die Frage im STANDARD-Gespräch, ob er wirklich immer noch daran glaube, dass Steuersenkungen zu höheren Einnahmen führen, reagierte der 73-Jährige emotional: "Nein, nein, nein, das habe ich nie behauptet. Aber damals in den 70er Jahren dachte man, dass eine Steuererhöhung um zehn Prozent auch zehn Prozent mehr Einnahmen bringt. Und das ist falsch, das wollte ich zeigen. Sie bringt vielleicht nur neun Prozent, auf jeden Fall weniger."
Bei den Steuersätzen für die Allerreichsten aber steht Laffer zu dem, was man mit seinem Namen assoziiert: "Steuersenkungen für die ganz Reichen zahlen für sich selbst. Die obersten zehn Prozent haben nach unseren Steuersenkungen mehr Steuern bezahlt als zuvor."
Das liege daran, dass es den Reichen sehr leichtfalle, Steuern auf legalen Wegen zu vermeiden, etwa indem sie Vergünstigungen im Kongress durchsetzen, sagt Laffer. Das sei nur durch niedrige allgemeine Steuertarife, eine Flattax, zu vermeiden. "Die Reichen sollen mehr Steuern bezahlen, aber nicht durch höhere Steuersätze, denn das bringt nichts." Deshalb sei jede Art der Reichensteuer, wie sie in vielen europäischen Staaten geplant oder umgesetzt sei, unsinnig.
Trotz aller Senkungen der vergangenen Jahre würden allerdings auch die Reichen in den USA immer noch sehr hohe Steuern bezahlen, betont Laffer. Wenn man die Steuern der Bundesregierung, der Bundesstaaten, der Kommunen sowie Körperschafts- und Kapitalertragssteuern zusammenzähle, komme man auf Steuersätze von gut 60 Prozent.
Zweimal für Clinton gestimmt
Aber Laffer als typischen rechten Republikaner abzustempeln funktioniert nicht. Der Midwesterner, der dank eines Studienaufenthalts in Baden-Württemberg gut Deutsch beziehungsweise Schwäbisch spricht, hat zweimal für den Demokraten Bill Clinton gestimmt und bezeichnet sich selbst als "Kennedy-Demokraten".
Warum gerade Clinton, der doch gleich nach Amtsantritt die Einkommensteuersätze erhöht hat? "Das war ein Fehler, aber sonst hat er ganz viele Steuern gesenkt - für ältere Arbeitnehmer, auf Kapitalerträge und durch die Freihandelspolitik auf Einfuhren. NAFTA und die WTO waren Steuersenkungen." Außerdem habe Clinton die Sozialhilfe reformiert und Staatsausgaben kräftig gesenkt. Jedenfalls sei Clintons Wirtschaftspolitik viel besser gewesen als die von George Bush Vater und Sohn.
Und Barack Obama? "Obamas Politik ist furchtbar, so schlimm wie die der beiden Bushs." Aber Obama habe die Steuern für Reiche doch nur auf das Niveau der Clinton-Ära gehoben? "Ja, aber Obama hat sie auf dieses Niveau erhöht, Clinton hat sie dorthin gesenkt", antwortet Laffer mit Hinweis auf die gesamte Abgabenlast.
Überkonsum bei der Gesundheit
Zur Taktik der Republikaner im Kongress, die im Kampf gegen Obamas Gesundheitsreform die US-Verwaltung lahmlegen, will Laffer nichts sagen. "Mich interessieren die Ziele, nicht, wie man die Suppe kocht." Obamacare lehne er aber ebenso ab wie sie. Denn wenn man Menschen wertvolle Ressourcen, seien es Lebensmittel oder Gesundheitsleistungen, zu billig zur Verfügung stelle, führe das stets zu einem verschwenderischen Überkonsum, der irgendwann nicht mehr zu finanzieren sei. "Obamacare wird zusammenbrechen", prophezeit Laffer. "Die Frage ist nur, wie und wann."
Zur Unterstützung der Armen würde Laffer denen eine Geldsumme bieten, die sie nach eigenem Gutdünken ausgeben könnten, etwa für eine Krankenversicherung. Aber auch er sieht den Bedarf einer verpflichtenden und billigen Minimalversicherung, damit jeder Bürger in Notfällen versorgt werden kann. "Den Ärmsten muss der Staat helfen, durch Notquartiere, Suppenküchen und Gratiskliniken. Aber sonst sehe ich keinen Grund, dass der Staat sich in die Gesundheitsversorgung einmischt." (Eric Frey, derStandard.at, 3.10.2013)