In den 1980ern hat Mike Patton mit Mr. Bungle und Faith No More die Fusion zwischen Metal, Funk und Artrock vorangetrieben. Seither tobt er sich in diversen Bands aus, die auf seinem eigenen Label Ipecac eine Heimstatt finden. Der Tausendsassa mit Freude am Experiment muss sich aber bisweilen mit der Rolle des Mediators und Multiplikators seltsamer Klänge begnügen. So geschehen bei der belgischen Bigband Flat Earth Society (FES), die Patton 2005 mit dem Sampler ISMS einem breiteren, mit Rock sozialisierten Publikum präsentierte. Treibende Kraft hinter dem Orchester ist Peter Vermeersch. Als Klarinettist, Komponist und Produzent hatte dieser schon seit den frühen 1980ern abseitiges Terrain erforscht, aber erst mit Gründung von FES 1997 konnte er alle Register ziehen. Neben dem Blues- und Jazzkanon gehören Bartók, Strawinsky, Zappa, Captain Beefheart, Sun Ra und Filmmusik im Stil Morricones zu den Ideengebern für diesen Sound, der zwischen Konzept und Improvisation changiert. Aufbauend auf Elemente von Swing, Mambo, Marschmusik, Jazzrock, Kammerprog, Kirtagsgaudi, R&B oder Latin erzeugt die Bigband eine Wucht und Dynamik, die der von Punkcombos um nichts nachsteht. Dabei kann man auch einmal so zuckersüß und "altmodisch" wie Sydney Bechet oder Louis Armstrong klingen, um dann mit Klangcollage oder Metallriff alles auf den Kopf zu stellen. Nicht von ungefähr heißt ein FES-Album The Armstrong Mutations. Überhaupt bearbeiten die Belgier gern fremde Stücke, etwa von den Residents, Godley & Creme oder Fischer Z. (dog, DER STANDARD, 5./6.10.2013)