Wien – Genaugenommen ist es verblüffend, dass Gerhard W. nicht früher aufgeflogen ist. Das fällt auch Stefan Romstorfer auf, der dem Schöffensenat vorsitzt, vor dem wiederum der 46-jährige Angeklagte wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges sitzt. Über 150.000 Euro Schaden soll er angerichtet haben – mit Kopierern.
Die sind nämlich nicht billig, wie W. aus Erfahrung wusste. "Bis 2008 hatte ich einen Vertriebsvertrag mit der Firma Ricoh, der wurde dann leider gekündigt." Leider deshalb, da der Wiener versuchte, als Selbstständiger Leasingverträge für die Bürogeräte zu vermitteln. Das Ungesetzliche daran: Er kassierte von den Unternehmen oder deren Bank zwar die Raten, lieferte die Geräte aber spät bis nie.
"Wie hätte das funktionieren sollen? Spätestens wenn der erste Kunde fragt, wo sein Gerät ist, hätte das auffallen müssen?", fragt Romstorfer. "Ja, man kommt dann in einen Strudel", lautet die Antwort. "Es war eine laufende Löcherstopfung", folgt als Erklärung. "Im Nachhinein ist man wirklich immer gescheiter. Leider."
Nicht gezogene Reißleine
Überraschenderweise funktionierte die Taktik mehrere Jahre, in zwei Fällen allerdings auch dadurch, dass W. Unterschriften auf den Verträgen fälschte. Ein Punkt, der seine Verantwortung "ich wollte eigentlich niemanden schädigen" doch ein klein wenig relativiert. Aber, ihn plagte das Grundproblem des strauchelnden Selbstständigen: "Ich habe immer geglaubt, ich kann es noch schaffen. Aber ich hätte 2009 schon die Reißleine ziehen sollen."
Während W. bei der Polizei noch sagte, er habe lediglich Lieferprobleme gehabt, gesteht er dem Gericht auf Anraten seines Verteidigers Christian Werner nun alles. Was ihm beim Urteil hoch angerechnet wird: "Wir sind zum Eindruck gekommen, dass sie wirklich reumütig und schuldeinsichtig sind. Sie haben Ihr Unternehmen untergehen sehen, obwohl das natürlich keine Entschuldigung ist", begründet Romstorfer.
Bei einem Strafrahmen von ein bis zehn Jahren erhält W., nicht rechtskräftig, eine Strafe von 22 Monate bedingt. (moe, derstandard.at 7. 10. 2013)