Wien - Nach dem politischen Kompromiss, den nicht nur Wiener Szene-Wirte wie Heinz Pollischansky als "typisch österreichisch" bezeichnen, kommt jetzt das Chaos. Gemeint ist der im Tabakgesetz geregelte "Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie": Seit 1. Jänner 2009 gilt ein kompliziertes Regelwerk, das Gastwirten ab einer Grundfläche von 50 m2 vorschreibt, mittels baulicher Maßnahmen für einen gekennzeichneten, abgetrennten Nichtraucherraum zu sorgen.

Ob der Gang zur Toilette auch durch einen Nichtraucherraum zu erfolgen habe, wurde im Gesetz nicht geregelt. "Es herrschte aber die Rechtsmeinung vor, dass das Durchschreiten eines Raucherraumes auch einem Nichtraucher zumutbar ist", sagte Helmut Hinterleitner, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer (WK).

"Erster von vielen Klägern"

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) kam im Juni 2013 aber zur genau gegenteiligen Ansicht. Womit Wirte, die Nichtrauchern keinen rauchfreien Weg zur Toilette anbieten, seither theoretisch jeden Tag gestraft werden könnten.

Als Reaktion darauf will Gastwirt Pollischansky, der in Wien unter anderem die "Stiegl-Ambulanz" betreibt, die Republik Österreich auf Amtshaftung klagen. Zwischen 30.000 und 50.000 Euro hat Pollischansky laut eigenen Angaben in den Umbau für Nichtraucherräume gesteckt und will nun Schadenersatz für die "nutzlos gewordenen Investitionen" geltend machen. "Die Klage wird in den nächsten Tagen eingebracht", bestätigt Anwalt Wolfgang Zorn.

Pollischansky will "nur der erste von vielen Klägern" sein. Laut WK sind 12.000 Gastronomen vom Spruch des VwGH betroffen, die aufgrund der Nichtraucherbestimmungen 96 Millionen Euro für Umbaumaßnahmen aufgewendet haben.

Gesetzeslücke geschlossen

Die WK beruft sich auf einen Schriftverkehr mit dem Gesundheitsministerium aus dem Jahr 2008, wonach von Beamten festgestellt wurde, dass ein Gang durch Raucherräume für Nichtraucher zumutbar sei. Das wurde dem Standard aus dem Büro von Minister Alois Stöger (SPÖ) bestätigt. 2008 war noch Vorgängerin Andrea Kdolsky (ÖVP) im Amt.

Bis dato sei das Gesetz in dieser Frage nicht ausdefiniert worden. Diese Lücke habe der VwGH geschlossen, heißt es aus dem Büro Stöger. Der Spruch wird als Verbesserung gesehen. "Auch wenn der beste Nichtraucherschutz ein generelles Rauchverbot wäre." Ein Rauchverbot - in einigen europäischen Ländern längst üblich - begrüßt etwa der steirische Landeshauptmann-Vize Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Parteikollege Hinterleitner sieht das anders: "Ich will auch rauchenden Gästen Heimat bieten. Der Gang über den Wiener Gürtel ist gesundheitsschädlicher als zehn Meter durch den Raucherraum ins Klo." (David Krutzler, DER STANDARD, 8.10.2013)