Bild nicht mehr verfügbar.

Die Sultan-Omar-Ali-Saifuddin-Moschee in der Hauptstadt von Brunei gilt als die pompöseste im asiatisch-pazifischen Raum.

Bild nicht mehr verfügbar.

In der künstlichen Lagune davor liegt der Nachbau einer königlichen Barke.

Bild nicht mehr verfügbar.

Architekturdetails der vorwiegend in den 1950er-Jahren entstandenen Prunkbauten lassen den Reichtum der Monarchie erahnen.

Foto: EPA/LUONG THAI LINH

Bild nicht mehr verfügbar.

Wassertaxis führen durch die belebtere Stadt auf Pfählen dahinter.

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: EPA/LUONG THAI LINH

Anreise und Unterkunft

Anreise: Direktflüge von Europa nach Brunei mit Royal Brunei Airlines nur ab London; von Wien via Singapur mit Umsteigen auf Royal Brunei
Veranstalter: Anbieter von Kreuzfahrten wie zum Beispiel die Reederei Deilmann
Unterkunft: Gesamtverzeichnis und weitere touristische Infos unter: www.bruneitourism.travel

Grafik: DER STANDARD

>>> zur Rondo-Coverstory

foto: georges desrues

"Oh, from Europe! Europe is wonderful!" Der junge Mann, der die Kreuzfahrtpassagiere am Flussufer des Brunei in Bandar Seri Begawan angesprochen hat, ist begeistert. Und er verrät ihnen auch gleich, warum: Man kann dort so viel Bier trinken, wie man will. Für so manchen in der Hauptstadt des Sultanats Brunei mag das bei ganzjährig schwülen 30 Grad plus ein triftiger Grund sein, Europa für wunderbar zu halten. Im Land herrscht absolutes Alkoholverbot für die muslimische Mehrheitsbevölkerung, nur Nichtmuslime oder Besucher sind von dieser Regelung ausgenommen.

Doch nicht aus diesem Grund ist Brunei ein Name, der noch kaum in Reisekatalogen auftaucht. Die Monarchie mit dem gewagten Mix beim Rechtssystem - Scharia meets britisches Gewohnheitsrecht - und der gönnerhaften Ausformung als Wohlfahrtsstaat - sogar ein Studium im Ausland wird vom Staat bezahlt - ist auf die Devisen von Touristen einfach nicht angewiesen. Gemessen am BIP pro Kopf gilt der Staat dank der Einnahmen aus der Erdölförderung als eines der wohlhabendsten Länder der Welt, sein Herrscher Sultan Hassanal Bolkiah Mu'izzadin Waddaulah zählt zu den reichsten Männern der Erde.

Pauschalreisen in den Zwergstaat auf der Insel Borneo werden fast ausschließlich von der staatlichen Fluggesellschaft Royal Brunei angeboten. Und die großen internationalen Hotels in der Hauptstadt sind auf Geschäftsreisende ausgerichtet, die fünf Sterne mit Frühstück über das Spesenkonto abrechnen. Die wahrscheinlichste Variante, wie Europäer überhaupt hierherkommen: Sie sind Passagiere auf einem Kreuzfahrtschiff wie der MS Deutschland vulgo Traumschiff. Luxusliner auf ihren Routen durch das Südchinesische Meer steuern Brunei mittlerweile ganz gerne als unbekannten Exoten in dieser Region an. Und dennoch: Zumindest die ZDF-Produktion Traumschiff hat seit 1981 und 70 Folgen noch nie eine eigene "Brunei"-Ausgabe produziert. Wer soll das Land da schon kennen!

Meer, Malaysia und Märchen

Dabei ist das Sultanat mit der doppelten Größe von Vorarlberg gerade wegen der weitgehend fehlenden touristischen Erschließung ein faszinierendes Reiseland. Kurios ist schon die Lage: Brunei besteht aus zwei völlig voneinander getrennten Teilen, die auf einer Seite vom Meer und auf drei Seiten vom malaysischen Bundesstaat Sarawak umgeben sind. Im Großraum der Hauptstadt Bandar Seri Begawan leben rund 90 Prozent der Bevölkerung, das sind rund 50.000 Einwohner. "Typische Traumschiffler" würden die Stadt am ehesten als Mischung aus südostasiatischer Pfahlbauromantik und einem Luxusmärchen aus Tausendundeiner Nacht bezeichnen.

Tatsächlich lebt heute noch mehr als die Hälfte der Bewohner in Pfahlbausiedlungen auf dem Wasser, deren bekannteste Kampung Ayer ist. Das Knarren der Holzstege zu hören, die die einzelnen Bauten miteinander verbinden, wirkt auf die meisten Besucher wie eine akustische Zeitreise ins alte Brunei. Doch es sind durchaus keine aus der Zeit gefallenen Elendsquartiere, die da über dem Wasser schweben: nicht nur dass jedes Haus Wasserleitung und Stromanschluss besitzt, es gibt hier kleine Geschäfte ebenso wie Schulen, Moscheen, Krankenhäuser und sogar eine eigene Feuerwehrstation - selbstverständlich allesamt auf Pfählen. Wassertaxis, recht schmale und flotte Motorboote, verbinden dabei unentwegt die Bootsanleger der Festlandseite mit den Pfahlbausiedlungen. Meistens sitzt ein junger Mann mit sportlichem Blouson am Steuer, gar nicht so selten aber eine dezent gekleidete Chauffeurin.

Wie ein viel zu großer Märchenpalast für ein kleines Land liegt mitten in der Festlandstadt die Omar-Ali-Saifuddin-Moschee mit ihren goldenen Kuppeln. Sie gilt als eine der eindrucksvollsten im gesamten asiatisch-pazifischen Raum. Der Vater des heutigen Staatsoberhaupts hat diesen Prunk 1958 bauen lassen, Marmor aus Italien wurde dabei verwendet, Granit aus China, Teppiche aus Saudi-Arabien, Buntglas aus England und Kronleuchter aus Belgien. Die große goldene Kuppel, 50 Meter hoch, wurde mit Glasmosaiken von der Insel Murano belegt. Und weil wir schon bei Venedig sind: Um den Eindruck des Märchenhaften zu erhöhen, wurde rundherum auch eine große künstliche Lagune, in der sich die Moschee spiegelt, angelegt. Darin ruht der Nachbau einer königlichen Barke aus dem 16. Jahrhundert. Zu dieser Zeit herrschten die Sultane von Brunei über weite Teile Borneos, der drittgrößten Insel der Welt.

Außerhalb der Gebetszeiten dürfen auch Touristen die Moschee besuchen und in einem der Minarette mit einem modernen Aufzug zu einer der Aussichtsplattformen hinauffahren. Der Ausblick auf die Stadt ist von hier oben atemberaubend, an ihren Rändern beginnen die nebelverhangenen Berge mit ihrem tropischen Regenwaldkleid.

Typisch für das Sultanat, das in so mancher Beziehung an ein Arabisches Emirat erinnert: Was den Luxus der Ausstattung einer Moschee angeht, hat dieser ein absolut ebenbürtiges weltliches Gegenstück in den Einkaufszentren gefunden. Im Kompleks Yayasan Sultan Haji Hassanal Bolkiah flanieren die betuchten Bürger des Sultanats rastlos auf der Suche nach französischen Croissants und Schweizer Uhren. Eine Nase voll Ostasien schnuppert man da schon eher im nahegelegenen Tamu, dem überdachten Markt von Brunei. Hier vermischen sich die Gerüche des nahen und fernen Orients an den Gewürzständen, hier wird an Fischen und Meeresfrüchten alles angeboten, was das Südchinesische Meer frisch hergibt, hier erfreuen Früchte das Auge, die genau genommen auch für die Bruneier exotisch sind, weil sie vorwiegend aus anderen Teilen Borneos kommen.

Regenwaldtaxis

Legt man auf einer der unzähligen Terrassen über dem Fluss eine Pause ein, gibt's zu jedem kalten Getränk einen Speedboatbewerb wie aus dem Sportkanal gratis dazu: Unter einem sausen unentwegt die Taxiboote hin und her, mit waghalsigen Wendemanövern machen deren Fahrer auf sich aufmerksam. Auf diese Weise wollen sie Kundschaft gewinnen, die sich für ein lohnendes Ziel in der Nähe interessiert: Bruneis Regenwald liegt nur einen Steinwurf - das heißt eine Fahrt mit dem Boot und dem Jeep - von der Hauptstadt entfernt. Zumindest die ersten Ausläufer sind relativ einfach zu erreichen.

Während anderswo auf Borneo tagtäglich riesige Flächen Wald für Ölpalmplantagen vernichtet werden, ist die Abholzung in Brunei so gut wie gestoppt. Die ersten Ökotouristen im Land sollen diesen Urwald, der zwar überschaubar, aber ursprünglich ist, anschauen kommen - und einfach nur staunen, etwa darüber, dass ein Städtetrip nach Bandar Seri Begawan auch auf kürzestem Weg in ein Lovuk führen kann. So nennt die Volksgruppe der Punan ihre einfachen Langhäuser im Regenwald, die ohne Zweifel auch den Pfahlbauten der Hauptstadt in Sachen Zeitreise gehörig Konkurrenz machen. (Christoph Wendt, DER STANDARD, Rondo, 11.10.2013)