Fotos vom Outback gibt's in dieser Ansichtssache.

Foto: Angelika Mandler-Saul

Ein Monat bin ich nun in Australien allein unterwegs. Da wird es höchste Zeit, sich auch mal chauffieren zu lassen. Diesmal werde ich mich auf den elendslangen Highways in der Wüste von Adelaide aus nach Norden nicht alleine "durchschlagen", sondern an einer geführten Backpacker-Reise teilnehmen.

Nach ein paar Online Recherchen buche ich bei den "Groovy Grapes" eine viertägige Outbacktour in die Flinders Ranges und weiter in die Opalstadt Coober Pedy. Nach ein paar Stunden habe ich schon die Bestätigung in der Mailbox. Aber Luxus wird's auch hier nicht geben: Angekündigt ist gemeinsames Kochen in Outdoor-Küchen und Übernachten in Schlafsälen oder im Freien in Swags, einer Art Einmannzelt mit Matte und Schlafsack.

Outback Tour: Nicht mehr Solo

Mit 20 anderen Teilnehmern aus Deutschland, Frankreich, USA, Australien, Hongkong und Indien (Unser "Team India" besteht aus einer Großfamilie von elf Personen) geht's mit Sandy – Aussie-Travelguide und Driver in einer Person – und dem Bus samt abenteuerlich hoch bepacktem Trailer von Adelaide aus auf die Fahrt nach Norden.

Bis Port Augusta dominieren noch kilometerlange weiße Weizenfelder, Windräder, Weiden und blühende Wiesen das Landschaftsbild, danach wird alles anders.

Wir benötigen noch einige kurze Stopps zum Einkaufen, Tanken und Frühstücken, bis wir laut Sandy wirklich im Outback sind. Hier gibt's kein Getreide, keine Felder und kein Wasser mehr. Kleine Windmühlen pumpen das unterirdische Wasser aus dem Artesischen Becken für die Schafe und Kühe hoch. Die Tiere stehen laut Sandy auf die hier wachsenden Saltbushes. Das müssen sie auch, denn was anderes gibt's nicht.

Angeschafft wurden von unserer Reisetruppe nach kurzem Ausschwärmen bei einem Roadhouse-Stop recht schnell Fliegennetze, denn sobald man aussteigt, sind sie einfach überall: in den Augen, Ohren, Nase, sie kleben am Rücken und auf den Oberarmen. Wenn man sich das Netz über Kappe oder Hut stülpt, hat man wenigstens ein wenig Ruhe vor ihnen.

Ich genieße die Fahrt in vollen Zügen, lausche den Ausführungen von Sandy sowie ihren Aussie-Songs, nutze jeden Foto-Stopp und bin ganz froh, einmal nicht am Steuer zu sitzen und einfach nur konsumieren zu dürfen. Klar muss ich mich erst wieder daran gewöhnen, in so einer großen Gruppe unterwegs zu sein, denn nun dauert alles länger: Beim Lunchstopp Kisten schleppen, auspacken, Gemüse schnippeln, Fliegen verscheuchen, Dosen öffenen, Salat marinieren etc. Bis alle gegessen haben, alles wieder abgewaschen, zusammengepackt und im Trailer verstaut ist, vergeht ganz schön viel Zeit.

Die Fahrt ins Ouback nach Anchorigina

Wir halten an ausgetrockneten Creeks und verfallenen Homesteads aus der Zeit, als die Europäer Mitte des 19.  Jhdts. noch der Meinung waren, hier Weizen anbauen zu können. An der Yurambulla Cave klettern wir steile Leitern hinauf, um am Höhleneingang Aborigines Malereien zu sehen. Gemalt haben sie mit einer Mischung aus Ocker (eine Abbaustelle in der Nähe leuchtet in den Farben gelb, rot, orange und braun) und Tierfett. Ocker war ein begehrtes Gut zum Handeln, Malen und Färben, für die Medizin und für Bestattungsrituale.

Die Flinders Ranges, eine hunderte Millionen Jahre alte Steinformation, in deren ausgetrockneten Schluchten wir in einer stillgelegten ehemaligen Tuberkulosestation in Schlafsälen übernachten, schimmern in der Abenddämmerung eindrucksvoll rot.

Strom gibt's bis Mitternacht durch einen eigenen Generator und unsere Wasserflaschen füllen wir aus den riesigen Regenwassersilos nach. Kein Telefon, kein Internet. Dafür Lagerfeuer und Barbecue unter einem fulminanten Sternenhimmel.

Anderntags fahren wir einige hundert Kilometer auf dem unbefestigten Oodanatta Track, einer alten Handelsstrecke. Es geht entlang einiger Quellen aus dem unterirdischen artesischen Becken. Hier verlief auch die alte Eisenbahnlinie GHAN. Bevor die Eisenbahn kam, verrichteten Kamele die Transportarbeiten an dieser Strecke. Wir finden eine verfallene alte Moschee der Kameltreiber. Über eine Million wilder Kamele leben immer noch in Australien. Wir sehen aber nur Emus, Känguruhs und lauernde Wedgetail Eagles (Keilschwanzadler, Anm.), die sich hier im Outback gemeinsam mit den Krähen aufopfernd um die toten Tiere am Wegesrand kümmern. Und was im Westen der "Rabbit Fence" ist, ist hier der "Dog Fence" gegen die Dingos aus dem Norden. Ein Zaun von 5.600 Kilometern Länge soll die Dingos abhalten, die Schafe im Süden Australiens zu reißen.

Campen im "Under a Trillion Stars-Hotel"

Es ist schon sehr dunkel, als wir am zweiten Abend auf unsere Campingsite rollen. Unter einem Wellblechdach steht ein großer Tisch und fünf Plastiksessel. Das wars. Hier werden wir die Nacht verbringen.

Während "Team India" lautstark mit seinen Zelten kämpft, versucht der andere Teil der Truppe mit dem mitgebrachten Kocher und der Gasflasche ein Abendessen zu zaubern, während gilt: "Never unroll your swag, before you go to sleep". Deswegen sitzen wir auf unseren zusammengerollten Swags auch kurze Zeit später mit unseren Burritos rund ums Lagerfeuer – im "Under a Trillion Stars-Hotel". Nach  den unvermeidlichen Lagerfeuergesängen (gibt's die eigentlich überall auf der Welt?) sucht sich jeder einen Schlafplatz – irgendwo im Sand in der Nähe des Lagerfeuers.

Zum ersten Mal rolle ich einen Swag auf, stopfe meinen Schlafsack hinein, dann mich selbst und schließlich wird das Ding auf beiden Seiten über mir zugezippt. Bei Bedarf kann der Swag auch noch vollkommen verschlossen werden. Dann braucht man nur noch nach oben schauen und auf die nächste Sternschnuppe zu warten. Und hoffen, nicht zu schnell einzuschlafen.

Wach wird man vor Sonnenaufgang, weil die kreischenden Papageien schon wach sind, die Vögel zu zwitschern beginnen und auch "Team India" in den Zelten erwacht.

Ich habe schon beeindruckende Sternennächte in Nepal und Tibet erlebt; aber die erste australische Nacht im Freien in einem Swag unter dem Sternenzelt – das war für mich etwas Besonderes.

"White man in a hole"

Mehr oder weniger begeistert von der vergangenen Nacht macht sich die Bustruppe auf den Weg nach der selbsternannten Opalhauptstadt der Welt, Coober Pedy. Übersetzt heißt das soviel wie "White man in a hole". Die Aborigines dürften einigermaßen überrascht gewesen sein, als die Europäer hier anfingen, nach Opal zu buddeln und sich, aufgrund der großen Hitze, schließlich selbst in die Höhlen setzten. Heute noch lebt die Hälfte der Einwohner in Wohnungen in Erdhügeln mit ebenerdigem Eingang. Und auch wir schlafen heute in diesen - man kann es nicht anders nennen - Bunkern. Ein riesiger Schlafsaal im Erdhügel, das ganze Jahr gleichbleibend kühl bei 22 Grad.

Über den Stuart Highway, die Nord-Süd Verbindung durch ganz Australien, geht es über die größte Cattlestation Australiens (so groß wie Belgien) und am ausgetrockneten Salzsee "Lake Hart" retour nach Adelaide.

By the way: Wer hier als Schafscherer arbeiten will, verdient 2 AUD pro Schaf. Laut Sandy gehen sich 200 Schafe pro Tag aus! (Angelika Mandler-Saul, derStandard.at, 10.10.2013)