Zuerst habe er schelmisch gelacht und gefragt, was das soll, erinnert sich Mario Preining. Als ob er einen Elektromotor beim Mountainbiken brauche. Das sei nur was für Opas. Dann habe er sich aufs von seinem Bruder zusammengebaute E-Bike geschwungen, "die Vorderräder hoben ab", der Wind brauste um die Ohren, die Kontrolle zu halten raubte die Kräfte. "Und mir war klar, da geht's um schneller, höher, weiter - um Vollgas geben, rauf auf den Berg und runter."
Preining war Mountainbike-Profi. Seit gut vier Jahren ist der 33-Jährige Unternehmer. Mit seinem Bruder und drei Partnern hat er der Downhill-Szene einen Elektroantrieb, der Spitzengeschwindigkeiten von 70 Kilometern die Stunde schafft, verpasst. 600 entsprechende Bikes haben sie 2012 und heuer international verkauft, von Tahiti bis in die Antarktis.
Künftig sollen die Verkaufszahlen vierstellig sein und Investoren Kapital in Millionenhöhe einbringen. Geht alles gut, entwickelt sich die der Garage entwachsene Hightech-Schmiede irgendwann zum Systemausstatter für die Fahrradindustrie. So weit die Pläne.
Herzblut und Schweiß
Über Jahre haben seine Partner und er laufend neue Prototypen finanziert, gebaut, kaputtgefahren, neu montiert, erzählt der Salzburger. "Wir haben sie uns vom Mund abgespart und viel Herzblut und Schweiß reingesteckt." Rechne er jede Arbeitsstunde auf, komme er wohl auf einen siebenstelligen Betrag. Ausgereiftere Modelle seien entstanden, Bauteile international organisiert worden und am Design gefeilt. Erste Preise wurden gewonnen. Und bald sei klar gewesen, dass man genug Know-how für die professionelle Vermarktung habe. Zumal "auch die letzten Zweifler mit einem Grinser im Gesicht vom Rad gestiegen sind".
Der erste echte Kunde fand sich Ende Oktober 2011 in einem Heustadl im Zuge der Eröffnung eines Bikeparks. Bald kamen Anfragen von Downhill-Freaks aus Ländern wie den USA und Kanada, die sich Sessellifte und andere Shuttledienste auf den Weg bergauf sparen wollten. Der Stolperstein freilich blieb die Finanzierung.
Klar habe man nach der Gründung der "Ego-Sports GmbH" bei Banken angefragt. Doch die Zeiten für Kredite seien eben schlecht. Noch dazu wenn's um Risikosport gehe. Welcher Bankberater wage sich da schon mit einer Einschätzung drüber. Hilfe kam schließlich vom Wiener Finanzinvestor Venionaire Capital rund um Berthold Baurek-Karlic und dem Business-Angel Bernhard Kolk.
Er verstehe die Angst vieler junger Unternehmer, die Kontrolle an Geldgeber zu verlieren, sagt Preining. Auch sein Bruder und er hätten gezögert. Entscheidend dabei sei eben, wer einsteige. Für ihn zähle Seriosität, Verständnis fürs Produkt und der sportliche Bezug. Im Gegenzug sei er offen für juristische und kaufmännische Einwände. Zumal es jetzt darum gehe, Strukturen aufzubauen, Leute zusammenzubringen und den Betrieb fit für den Weltmarkt zu machen. "Bisher haben wir fast alles selbst gemacht. Aber jeder Schritt birgt mehr kleine in sich, als wir gedacht haben."
Preining und sein Bruder arbeiten seit zwei Jahren Vollzeit fürs Unternehmen. Ohne ausschweifenden Lebensstil, mit Idealismus und familiärer Hilfe sei das finanziell drin gewesen. Die Einnahmen flossen in neue Entwicklungen und Marketing. Nun stellt er drei Mitarbeiter an. Auch Crowd-Funding-Aktionen sollen größere Sprünge erlauben. Ego-Sports will die Leistung der Off-Road-Antriebe von derzeit 2500 auf 3500 Watt hochschrauben und parallel dazu schwächere E-Mountainbikes auf den Markt bringen, die im Straßenverkehr zugelassen sind. Alle wesentlichen Radteile lässt er in Österreich fertigen. Geplant ist, mit Partnern aus der Automotive-Industrie zusammenzuarbeiten.
"Nichts dreinreden lassen"
"Wir sind eine Nische in der Nische. Sinn der Sache ist es, mittelfristig in die Breite zu gehen", gibt Preining die Richtung vor.
Die fünf Gründer teilen sich 80 Prozent der Firmenanteile. 20 Prozent halten Kolk und Baurek-Karlic. "Natürlich liebt und hasst man sich manchmal", letztlich siege jedoch der professionelle sachliche Geist. Alles Rechtliche sicherten Gesellschafterverträge ab.
Trennen ließen sich Arbeit und Freizeit bei ihm nicht, resümiert Preining. Wäre er im Staubsauger-Business, würde er sich das alles sicher nicht antun. Bei den Bikes aber erlebe er Hilfe und enormen Zuspruch langjähriger Freunden. Auch seine Kunden verstünden, dass es hier nicht um billige Teile aus Asien gehe. Was er jungen Kollegen rät? Preining zögert nur kurz: "Auch wenn's banal klingt: sich nicht zu viel dreinreden lassen, einfach tun und dabei ein gesundes Misstrauen bewahren." (Verena Kainrath, DER STANDARD; 11.10.2013)