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Gründerin Arianna Huffington bei der Pressekonferenz zum Start am 10. Oktober.

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Startseite am ersten Tag ...

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... und die "Ansage an Assad" an Tag zwei.

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München - Die "Huffington Post" will in den nächsten Jahren zu einem der drei größten Nachrichtenportale in Deutschland aufsteigen, am Donnerstag ist die deutsche Ausgabe gestartet. Es sei nicht mehr die Aufgabe der Medien, Inhalte zu präsentieren, sondern Mediennutzern Teilhabe an der öffentlichen Kommunikation zu ermöglichen, sagte Arianna Huffington in der Pressekonferenz zum Start.

"Anti-Geschäftsmodell für Journalismus"

Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner sieht genau darin das "Anti-Geschäftsmodell für Journalismus". 15 Redakteure liefern Geschichten oder kuratieren, der Großteil der Inhalte kommt von Bloggern und Gastautoren, die für ihre Artikel nicht bezahlt werden. Zumindest nicht mit Geld.  Als einen "medialen Hybriden", beschreibt Herausgeberin Huffington ihr Produkt, als "eine Kombination aus journalistischem Kanal, der vergangenes Jahr mit dem Pulitzer-Preis für seine investigative Berichterstattung ausgezeichnet wurde und einer starken Blogger-Plattform."

250.000 Visits und 750.000 Seitenabrufe habe die "HuffPo" Deutschland am ersten Tag generiert, sagt "HuffPo"-Chef Oliver Eckert zu Meedia.de. Die erfolgreichsten Texte zum Start waren die Aufmachergeschichte "Regiert endlich! Deutsche fordern Neuwahlen", der Serviceartikel "Die besten versteckten Eigenschaften von Apples iOS7", der Gastbeitrag von Telekom-Chef René Obermann und das Interview mit Lothar Matthäus.

Vorhersehbar

Als Blogger sind unter anderem Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Tennisspieler Boris Becker, Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen oder Technologie-Blogger Sascha Pallenberg von Mobilegeeks und die Berliner Schauspielerin Rebecca Lina dabei. "Leider aber wirkt die Auswahl der Promi-Blogger erstmal ziemlich seicht und vor allem vorhersehbar. Sie bildet den Burda- und vielleicht auch den seichten Morgenmagazin-Kosmos ab, der die deutsche Huffington Post entstammt. Von wegen Fallhöhe. Keine Spur von echten Intellektuellen. Wenig politischer Diskurs nach allen Seiten. Keine einzige echte Überraschung", schreibt dazu LousyPennies.de-Blogger Karsten Lohmeyer auf wuv.de.

Blogger Becker

Boris Becker macht gleich in seiner ersten Kolumne das, was man von ihm erwartet: Werbung für sein Buch ("Ich wollte die ungeschminkte Wahrheit der letzten zwölf Jahre aufschreiben"). Er darf auch zu seinem Twitter-Streit mit Oliver Pocher Stellung nehmen ("Er war nicht abgesprochen, wie manche mutmaßten, sondern entstand spontan"). 

Grelle Farben, viele Rufzeichen

An Tag zwei wird der "Friedensnobelpreis für Chemiewaffenkontrolleure" zu einer "Ansage an Assad", zuvor war der "Prunkbau von Bischof Tebartz-van Elst aus dem Bistum Limburg" Aufmacher. Die knalligen Hintergrundfarben wechseln, von Blitzblau bis hin zu grellem Rot. Unterteilt werden die Artikel in sieben Kategorien: "Politik", "Wirtschaft", "Good", "Entertainment" "Lifestyle", "Tech" und die Videorubrik. Sport fehlt übrigens in der Navigation.

"Die deutsche Huffington Post ist also da und sie sieht aus wie eine 'Huffington Post" eben aussieht: ein bisschen schrill, ein bisschen unübersichtlich, gnadenlos aufs Leser- und Klick-Interesse hin optimiert und mit ganz, ganz vielen Ausrufezeichen. Es ist zu vermuten, dass diese Website weder den Untergang noch die Zukunft des Journalismus darstellt. Die deutsche Huffington Post ist einfach nur noch eine laute Website mehr", urteilt Stefan Winterbauer von meedia.de.

"Zeitreise zurück in die 90er-Jahre"

"Ein bisschen wirtschaftsliberal, ein bisschen konservativ, ein bisschen Promis, ein bisschen Netzthemen", beschreibt die "taz" die neue "hässliche" Konkurrenz für bild.de und gala.de. "Die Seite wirkt wie eine Zeitreise zurück in die 90er-Jahre, in eine Zeit als Netscape noch Marktführer war und die meisten Seiten von Bastlern am heimischen PC mit Intel-Pentium-II-Prozessor gebastelt wurden. Der gelbe Rahmen schmerzt und und beißt sich mit der grünen Schriftfarbe der Dachzeilen und Verknüpfungen. Die Seite wirkt: billig".

Winkend und johlend

"Die 'Huffington Post' bietet Bloggern Aufmerksamkeit statt Geld, aber die Aufmerksamkeit, die sie bietet, muss die 'Huffington Post' auch erst selbst generieren. Sie tut das atemlos, pausenlos; die ganze Seite ist wie jemand, der schnipsend, winkend, johlend, Rad schlagend, mit Kaninchen jonglierend, mit gigantischen blinkenden Pfeilen auf sich zeigend vor einem steht", schreibt Stefan Niggemeier in der "FAZ", "die Seite sieht so aus, weil ihre Verantwortlichen wissen, dass genau diese überladene, bewegte, bunte, großbuchstabige Überforderung dafür sorgt, am meisten Aufmerksamkeit und Klicks zu generieren". (red, derStandard.at, 11.10.2013)