Foto: Der Standard/Urban

STANDARD: Haben kleine und mittlere Betriebe ausreichend Zugang zu öffentlichen Aufträgen?

Leitl: Das hängt von der Größenordnung ab. Gerade die Schwellenwertverordnung soll ihnen ermöglichen, rasch zu Aufträgen zu gelangen. Sie reduziert den bürokratischen Aufwand und die Verfahrensdauer, und sie ist gerade in der jetzigen Lage eine gute Maßnahme, um die Wirtschaft zu beleben.

STANDARD: Die leichtere Direktvergabe für kleinere Aufträge wurde ja erneut verlängert. Gedeckt ist das gesetzlich nicht, Österreich bewegt sich in rechtlichen Graubereichen.

Leitl: Es ist gedeckt, weil es die Zustimmung der EU gefunden hat.

STANDARD: Wollen Sie aus der Verordnung der Schwellenwerte wirklich ein Dauerrecht machen? Die Grundlage, auf der sie rund um die Konjunkturpakete eingeführt wurde, ist mittlerweile ja obsolet.

Leitl: Ob es ein Dauerrecht werden kann, weiß ich nicht, wünschenswert wäre es sehr wohl.

STANDARD: Finden Sie nicht, dass man hier Wettbewerb bewusst aus dem Weg geht?

Leitl: Kritik gibt es immer. Man kann in diesem Land nichts machen, ohne dass sie ertönt. Ob es um die neue GesmbH geht oder was anderes. Ich sage nicht, dass sie unberechtigt ist. Aber wir haben alle Vor- und Nachteile abgewogen und stehen dahinter.

STANDARD: In Deutschland hat der Rechnungshof die Direktvergaben in einer Analyse zerrissen: Die Kosten seien gestiegen, der Zeitaufwand habe sich kaum verkürzt.

Leitl: Was der deutsche Rechnungshof geprüft hat und zu welchen Erkenntnissen er gekommen ist, ist Sache der Deutschen. Wir in Österreich haben festgestellt, dass sich die Dauer des Vergabeverfahrens dadurch um rund drei Monate verkürzt und die Verfahrenskosten um 75 Prozent sinken.

STANDARD: Auch Experten aus Österreich meinen, dass hier unterm Strich Steuergeld verschenkt wird.

Leitl: Wir reden immer von der Förderung kleiner Betrieben, rufen nach weniger Bürokratie, und dann will man sie bei erster Gelegenheit wieder einführen. Man muss schon wissen, was man will. Und ich will eine unbürokratische Regelung bei Kleinaufträgen.

STANDARD: Wie wollen Sie Packelei verhindern?

Leitl: Indem etwa der Gemeinderat Aufträge kritisch hinterfragt.

STANDARD: Gibt es dagegen wirklich genug taugliche Instrumente?

Leitl: Bis jetzt ist mir keine konkrete Beschwerde zugekommen. Und das ist bei der großen Fülle an Aufträgen doch ein eindeutiges Indiz.

STANDARD: Warum ist der Anteil der Aufträge, die an ausländische Bieter gehen, so gering?

Leitl: Es liegt in der Natur der Sache, dass es gerade bei Kleinaufträgen keine große internationale Beteiligung gibt. Bei größeren Aufträgen ist sie ohnehin Usus.

STANDARD: Sie ist auch bei großen klein. Schottet sich Österreich ab?

Leitl: Jedes Land versucht das natürlich. Dafür gibt es viele Beispiele, wenn ich nach Osten schaue, besonders drastische, im Westen besonders gefinkelte. Diese nennen sich dann nichttarifarische Handelshemmnisse. Im Vergleich dazu, was es europaweit alles gibt, sind mögliche kleinere Nachteile der Schwellenwertverordnung jedoch sicherlich akzeptabel.

STANDARD: Kommen bei öffentlichen Aufträgen nach wie vor nur die Billigsten zum Zug?

Leitl: Die Diskussion ist so alt wie die Ausschreibungsverfahren. Jeder sieht das Problem, keinem ist was dazu eingefallen. Welche anderen Konzepte gibt es? Frage ich nach Verfahren, mit denen sich Bestbieter ermitteln und Billigstbieter ausscheiden lassen, bekomme ich keine Antwort. Letztlich liegt es am Ausschreibenden, den Leistungsumfang zu definieren. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 11.10.2013)