Paris / New York – Am 14. Oktober soll sie zum letzten Mal unter ihrem bisherigen Namen erscheinen. Ihr Besitzer, die New York Times Company, hat beschlossen, sie sich auch als Titel einzuverleiben und als Überseevariante ihrer amerikanischen Zeitung auszuschildern: Aus der "Inter­national Herald Tribune" wird die "International New York Times". Damit will das Mutterunternehmen seine Marke stärker global positionieren. Was online bereits vereint ist, geht nun auch im Druck zusammen; die "Grey Lady", wie sie im Mutterland gerne genannt wird, möchte im Wortsinn als Weltblatt fungieren.

Der Besitzer des New York Herald startete 1887 den "Paris Herald" als europäische Ausgabe. Das US-Blatt ging in den1920er-Jahren an die Konkurrenz und wurde zur "New York Herald Tribune" mit europäischer Ausgabe gleichen Namens.

Aushängeschild

Zur Ikone des Expat-Lebens in Paris geriet die Zeitung in Godards Film "Außer Atem" (1960): Jean Seberg verkauft sie als US-Studentin mit Herald Tribune-Shirt auf den Champs-Élysées. Das Blatt wurde zum Aushängeschild internationaler Leser mit Anspruch.

Sechs Jahre später gab es das Mutterblatt nicht mehr. Es fiel wie drei andere New Yorker Blätter 114 Tagen Streik der Setzer- und Druckergewerkschaft zum Opfer. Nur drei Zeitungen überlebten langfristig den bitteren Kampf. Die "New York Times" war unter ihnen.

Sie teilte sich die europäische Erbmasse mit der "Washington Post". 1967 ersetzten sie das "New York"  durch "International" . 2003 wurde die "Post" von der "Times" ­herausgekauft. Nun streicht der neue Eigentümer die letzte Erinnerung an die Wurzeln. Bei der gegenwärtigen Entwurzelung des Printgeschäfts vielleicht ein guter Schnitt. (mf, DER STANDARD, 12./13.10.2013)