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Beim Begriff "häufige Nebenwirkungen" gaben Ärzte eine Rate von 60 Prozent an. Die richtige Antwort lautet: bis zehn Prozent.

Foto: APA/Franziska Koark

Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen sind Bestandteil eines jeden Medikamenten-Beipackzettels. Doch diese sind für Patienten oft unverständlich. Dass selbst Experten Schwierigkeiten haben, die Häufigkeit von Nebenwirkungen richtig einzuschätzen, haben jetzt Wissenschaftler des Instituts für Medizinische Biometrie und Statistik der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) bewiesen.

Ein Team um Andreas Ziegler, Direktor des Instituts für Medizinische Biometrie und Statistik, hat 600 Mediziner, 200 Apotheker und 200 Juristen zufällig ausgewählt und mit Fragebogen angeschrieben. Die Experten haben im Kontext von Nebenwirkungen angeben sollen, was es bedeutet, wenn ein Medikament "häufig", "gelegentlich" oder "selten" Nebenwirkungen hat.

Größte Probleme beim Begriff "häufig"

Die Definitionen für sämtliche Beipackzettel gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor, sie sind Bestandteil eines jeden Beipackzettels. Nebenwirkungen sind "häufig", wenn Patienten sie in einem bis zu unter zehn Prozent der Fälle entwickeln. "Gelegentlich" treten Nebenwirkungen auf, wenn sie 0,1 bis weniger als 1 Prozent der Fälle betreffen. Und "selten" sind sie bei einem Auftreten von 0,01 bis unter 0,1 Prozent der Patienten.

Die Ergebnisse der Studie waren für die Forscher überraschend: "Nur wenige Experten haben den Begriffen 'häufig', 'gelegentlich' und 'selten' im Kontext von Nebenwirkungen den richtigen Prozentwert zugeordnet", sagt Ziegler.

Inke König, Mitautorin der Studie, betont: "Die größten Probleme gab es beim Begriff 'häufig'. Hier haben Ärzte im Mittel eine Nebenwirkungsrate von 60 Prozent angegeben." Die richtige Antwort laute hier aber bis zehn Prozent. Weniger als vier von 100 befragten Ärzten lagen dabei richtig, so König. "Auch wenn Apotheker bei allen Begriffen am besten abgeschnitten haben, ist es überraschend, wie häufig Experten die Nebenwirkungsrisiken überschätzt haben", führt Ziegler aus.

Überschätzen Patienten das Risiko von Nebenwirkungen, verzichten sie eher auf ein Medikament. Dieses Problem ist laut Ziegler womöglich noch weitreichender, weil auch die Berufsgruppen, die über die Wahrscheinlichkeiten von Nebenwirkungen informieren, diese überschätzen. (red, derStandard.at, 15.10.2013)