Das Theater der Jugend ist kein Ort der Zurückhaltung. Zeigte sich das Haus schon in der Vergangenheit mit aufwändigen Produktionen als verlässlicher Hort spannender Unterhaltung, so probiert man es nun noch eine Nummer größer. Wie Hollywood die Fantasy-Epen, so verwandelt auch Regisseur Henry Mason Die unendliche Geschichte von Michael Ende in ein mehrteiliges Spektakel. Teil eins: Phantásien in Not dauert - wohlgemerkt für Zuschauer ab sechs Jahren - über zwei Stunden und schafft es dennoch zu fesseln.

Der Vorlage recht genau folgend, erzählt das Stück, wie Bastian (Stefan Rosenthal) das Buch Die unendliche Geschichte stiehlt, um es auf dem Dachboden seiner Schule zu lesen. Darin erfährt er, wie der zehnjährige Atréju (Benjamin Levent Krause) einen Weg sucht, sein Heimatland Phantásien vor der Zerstörung durch das alles verschlingende Nichts zu bewahren, und nach vielen Abenteuern das lesende Menschenkind Bastian als Retter identifiziert. Das ist gar nicht so unkomplex, mit einem temporeichen Beginn wird man jedoch schnell in die Geschichte hineingezogen. Beim Bühnenbild wird auf Schnickschnack weitestgehend verzichtet, die fantastischen Gestalten des Buchs verwandeln den weiten Speicher auch so mühelos in Phantásien (Ausstattung: Jan Meier). Regenschirme formen den Schildkrötenpanzer der uralten Morla, der Glücksdrache Fuchur wird von sechs Händen durch die Lüfte getragen und wenn der riesige Felsenbeißer Pjörnrachzarck die Bühne betritt, ist das Staunen groß. Alle Feinheiten der Vorlage können freilich nicht erfasst werden, das Gebotene, das auch Puppenspiel und eine skurrile Tanzeinlage umfasst, ist aber auch so beeindruckend genug. Der zweite Teil ist ab Mai zu erleben. (wall, DER STANDARD, 16.10.2013)