Der Himmel verfärbt sich und erst langsam nehmen die Strandbesucher von dem Phänomen Notiz.

Foto: Angelika Mandler-Saul

Eigentlich wollte ich nur endlich einmal echtes australisches Strandleben genießen. Denn mit Badewetter war ich in den letzten sechs Wochen meiner Australienreise ja wahrlich nicht verwöhnt.

Am berühmten und so hochgepriesenen Bondi Beach bei Sydney – wo man nach der Arbeit noch "auf ein paar Wellen" geht -, ist trotz des windigen Wetters und der eher diesigen Verhältnisse heute nachmittag einiges los. Polizisten rasen im Buggy über den Strand (müssen wohl die Einhaltung der alkohol- und zigarettenfreien Zone kontrollieren), zahlreiche Surfer versuchen auf ihren Brettern, ein paar Wellen zu bekommen und einige pritscheln sogar im 19,4 Grad (so die Lifesavers) kaltwarmen Wasser.

Aber irgendwie liegt eine komische Stimmung in der Luft. Wir schlagen unser Lager am Nord-Ende des Strands auf – dort wo zwei kleine Meerpools in die Felsen eingelassen sind. Die Stimmung am Himmel wird immer diesiger und einmal mehr ärgere ich mich, schon wieder keinen Badetag erwischt zu haben. Die Sonne verschwindet langsam, trotzdem ist es unangenehm schwül.  Als ich das nächste Mal von meinem Buch aufsehe, hat sich die Sonne total orange eingefärbt und der Himmel ist rosa – scheint aber außer mir keiner zu merken. Seltsam. Daheim würde man an Sand aus der Sahara in der Luft denken, aber hier? Niemand um mich herum scheint beunruhigt. Ich fange an zu fotografieren, um die Stimmung, die nun minütlich wechselt und den ganzen Bondi-Beach in einen Sepia-Ton (wie bei den "Waltons") taucht, einzufangen.

Als wir uns auf den Weg zur Beachbar machen, ist die Sonne bereits blutrot, durch eine dunkelgraue Wolkenwalze durchscheinend. Die ganze Szenerie am Himmel wirkt mit dem weißen Strand im Vordergrund total irreal.

Die Kellnerin, die unseren Jug Bier bringt (1.140 ml, um genau zu sein) meint, dass dies hier ganz normal sei. Weil halt die Temperaturen um diese Jahreszeit so stark schwanken, gäbe es diese Wetterphänomene. Von etwaigen Buschfeuern wusste sie nachmittags noch nichts.

Das mit den Schwankungen ist wohl wahr: Bei der Bootsparade vor zwei Wochen hatte es 16 Grad, einige Tage später rief ABC Australia den neuen Hitzerekord von 39 Grad in Sydney aus. Als ich vor einigen Tag hier ankam, freute ich mich über sonntägliche 36 Grad, tags darauf konnte ich bereits wieder meinen Fleecepullover auspacken.

Schon in Südaustralien waren fast täglich Warnungen im TV zu verfolgen: Sobald hohe Hitze (über 30 Grad) und starker Wind aufeinandertreffen, wird national High Fire Danger und damit absolutes "Fire-Ban" ausgerufen. In den Aidelaide Hills war letzte Woche sogar der Botanische Garten wegen der hohen Feuergefahr geschlossen. Buschbrände sind im Frühling hier ein großes Problem, die lokalen Nachrichtensender berichten fast ununterbrochen davon. Und der Wind ist in Australien tatsächlich seit sechs Wochen mein ständiger Begleiter.

Faszinerendes Fotomotiv

Am Bondi Beach fingen dann langsam alle an, zu fotografieren. Wer nicht ohnehin schon am Smartphone rumtippte, stand mit der Kamera an der Promenade und starrte auf den Himmel. Von Verunsicherung aber keine Spur, die Menschen waren eher fasziniert von dem Spektakel.

Erst eine Stunde später im Hotel und nach einer mehr als stürmischen Busfahrt retour nach Sydney war mir klar, dass die Kellnerin nicht Recht hatte: Tatsächlich wüten in den nahen Blue Mountains in Springwood bereits mehrere Buschbrände. Die Rezeptionistinnen beruhigen die Gäste im Hotel – diese Brände seien hier normal, nur würden sie heuer ungewöhnlich früh starten. Die Blue Mountains sind ein begehrtes Tagesausflugsziel und werden täglich von vielen Tourveranstaltern angefahren. Die dortige Scenic Railway ist mit 52 Grad Neigung die steilste Railway der Welt (laut Website) und ist täglich hochfrequentiert. Sie liegt etwa 30 Kilometer von den Buschbränden in Springwood entfernt. Auch wir hatten vor, morgen in die Blue Mountains zu fahren. Laut Auskunft der Veranstalter um 19 Uhr abends finden alle Ausflugsfahrten in diese Gegend statt, trotz der Brände. Bei der aktuellen Berichterstattung im TV erscheint mir dieses Vorhaben für morgen aber mehr als unpassend.

Mittlerweilen ist es hier 22 Uhr abends und die Nachrichten berichten von bereits 95 großen Bränden rund um Sydney, evakuierten Dörfern und durch das Feuer getrennte Familien. Über 40 Feuer seien außer Kontrolle, bei jedem Update im TV werden es mehr.  Das National Rural Fire Service hat eine aktuelle Karte ins Internet gestellt, die die Brandherde aktuell anzeigt. Ein richtiger Feuerring hat sich um Sydney gelegt.

Laut ABC sind momentan 2000 Menschen in New South Wales gegen die Flammen im Einsatz. Bis morgen mittag gilt noch der totale „Fire Ban" für die Region rund um Sydney, dann wird eine Abkühlung erwartet, die die Lage entschärfen soll.

Bei unserer Rückfahrt nach Sydney war auch der Himmel über dem HydePark in mystische sepia-orangene Farbe getaucht - aber kaum jemand in der abendlichen Rush-Hour schaute nach oben. (Angelika Mandler-Saul, derStandard.at, 17.10.2013)