Familie Groschenbauch war ein Flop.

Foto: DER STANDARD/Karin Tschentke

Mit einem Hippo fing alles an. Im Alter von vier Jahren bekam Renate Steinkellner ihr erstes Sparschwein, pardon, Sparnilpferd in die Hände gedrückt. Man schrieb das Jahr 1964. "Wir sparen froh mit Sparefroh", animierte auf Plakaten ein dünnes grünes Männlein mit roter Trichtermütze, schwarzer Haarlocke, freundlichem Lächeln und glänzendem Münzbauch Kinder und Jugendliche dazu, zum Weltspartag ihre über das Jahr gesammelten Groschen und Schillinge auf die Sparkasse zu tragen.

Es herrschte Vertrauen in die Politik und in die Sicherheit der Banken. Wofür sich Letztere seinerzeit mit anschaulichen vier Prozent Guthabenzinsen und begehrenswert erscheinenden kleinen Präsenten revanchierten. Das Flair der großzügig und elegant gestalteten Schalterhallen und die akribisch Geld zählenden Bankbeamten hatten es der kleinen Renate offenbar derart angetan, dass in der 4. Volksschulklasse ihr Entschluss feststand: Ich will auch einmal dort arbeiten. 1977 setzte sie ihren Wunsch in die Wirklichkeit um und trat in die Dienste der Z, der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien.

Die Liebe zum Beruf und die Begegnung mit unzähligen Kindern, die vor ihr mit großen, erwartungsvollen Augen ihre Sparbüchsen leerten, legten den Samen für ihr Hobby: das Sammeln von Weltspartagsgeschenken, die zugleich ein Stück Geschichte eines österreichischen Geldinstituts widerspiegeln: der 1905 gegründeten Zentralsparkasse, die 1991 die Länderbank zukaufte, 1997 mit der Creditanstalt zur Bank Austria fusionierte und 2005 von Italiens UniCredit geschluckt wurde.

Fixes Zuhause

In den vergangenen Jahren wanderte die agile Bankfachfrau mit ihren seit 1977 zusammengetragenen Exemplaren durch die Wiener Bezirksmuseen, doch im Vorjahr hat ihre Welt- und Jugendspartagsammlung im "Sparefroh-Haus" in der Währinger Straße 43 einen fixen Platz gefunden.

An die 400 "nützliche und unnützliche Dinge" präsentiert sie seither in dem kleinen Pavillon im Hinterhof der Alsergrunder Bezirksvorstehung. Da das von ihr ehrenamtlich betriebene kleine Museum nur sporadisch geöffnet ist, kann eine kleine Auswahl im Treppenhaus des Amtsgebäudes bestaunt werden.

Darunter befindet sich ein edles chromblitzendes Sparschwein im Porsche-Design, das 1997 vom damaligen Bank-Austria-Generaldirektor Gerhard Randa in Auftrag gegeben wurde. Oder der Goldene Sparefroh, den Helmut Zilk als ORF-Direktor Ende der 1960er-Jahre für die Gründung des Schulfernsehens erhielt. Spardosen aus Augarten- und Lilienthal-Porzellan, Kleiderhaken oder Polster mit dem österreichischen Sparprotagonisten per se, dem eingangs beschriebenen Sparefroh, geben nur einen kleinen Vorgeschmack auf die vielfältigen Ausstellungsobjekte.

"Die Sparefroh-Idee stammt ursprünglich aus Stuttgart", erzählt Steinkellner. "Der damalige Werbeleiter der Zentralsparkasse, Karl Damisch, hat sie 1956 nach Österreich gebracht und rund um die Figur eine Werbekampagne mit Plakaten, Briefen, Malkarten, Lesezeichen, Bastelbögen und Anhängern entwickelt." Auch einer regelmäßig erscheinenden Jugendzeitung gab das drahtige Kerlchen ab 1956 seinen Namen. Die - wenig verwunderliche - Frohbotschaft, die er unter Jung und Alt verbreiten sollte: Nicht nur für Notzeiten sollte man sein Geld aufs Sparbüchl legen, sondern auch für die Erfüllung kleinerer und größerer Wünsche.

Sparmaskottchen wie der Postfuchs Nicki, die Sumsi-Biene der Raiffeisenkassen, der Hamster Goldi der CA oder der Hippo der Länderbank drängten ebenfalls in die österreichischen Kinderzimmer, auch wenn keines von ihnen je den Promi-Status des Sparefroh erreichte. Dieser verlor in den 1990ern an Attraktivität - bis ihm zu seinem 50. Geburtstag die Erste Bank ein Comeback bescherte.

Bis zurück in die 1950er-Jahre reichen die Sammelstücke im Sparefroh-Haus, an denen sich auch Zeit- und Geschmacktrends ablesen lassen. Zeigten sich Sparer Anfang der 1960er-Jahre mit Wetterhexe (Regenschutz), Lavendel-Weibchen und Kinder-Cocktail-Schürzen gut beschenkt, war es 1967 ein hölzernes Salatbesteck mit Porzellangriffen.

Flop: Familie Groschenbauch

Zwar waren Spardosen zunächst ein gern genommenes Geschenk - doch der österreichische Grafiker Heinz Traimer ärgerte sich noch Jahre später, dass sich 1973 bei der Ausgabe der von ihm entworfenen Familie Groschenbauch das Weltspartag-Publikum darüber beschwerte, "nur ein Sparschwein" zu bekommen. Gern angenommen wurde hingegen in den 80er-Jahren Nähset, Mehrzweckbürste und (leeres) Geldbörsel. Ab 1995 entdeckte die Bank ihr Herz für mehr oder weniger hübsche (Plüsch-)Tiere. Als wahre Renner erwiesen sich neben Topfhandschuhen, Longdrink- und Schnapsgläsern vor allem die Stadtpläne von Wien.

Das neue Jahrtausend brachte gewissermaßen einen Modernisierungs- und Wellnessschub: 2001 konnten die Sparer auf dem "Handysessel" ihr Mobiltelefon deponieren, ab 2005 wurde alternierend mit Kräuterduschen, Tees oder "Muntersäften" beglückt. Seit 2009 wird versucht, Jugendliche mit PC-Spielen in die Bank zu locken.

Die Zeiten, in denen Weltspartage in allen Filialen noch ein Großereignis waren, sind vorbei. Filialen werden geschlossen, Online-Banking wird propagiert, und mit den heutigen Zinssätzen begeistern sich immer weniger Menschen fürs klassische Sparbuch.

Doch noch kommen sie: Eine Million Weltspartagler werden laut Bankenangaben am 31. Oktober erwartet. Danach wird Renate Steinkellner in einer ihrer Vitrinen Platz für die 2013er-Geschenke schaffen. (Karin Tzschentke, DER STANDARD, 17.10.2013)