Neulengbachs Torjägerin Nina Burger brachte es in sieben Liga-Saisonspielen bereits auf zehn Treffer.

Foto: SV Neulengbach

Neulengbach - "Wenn wir nicht alle Spiele gewinnen, gibt es gleich Kritik." Johannes Uhlig, Trainer des SV Neulengbach, Österreichs Meister im Frauenfußball, ist sich der hohen Erwartungen an sein Team bewusst. Eine Folge der Erfolge. Elf Jahre in Serie holten die Niederösterreicherinnen den Meistertitel. Zumeist ziemlich ungefährdet. 2011 hat sich das geändert. Mit Aufsteiger FSK Sankt Pölten-Spratzern (damals noch ASV Spratzern) gab es - vor allem dank Sponsor Simacek - urplötzlich einen ernstzunehmenden Konkurrenten. Auf Anhieb wurden die Sankt Pöltnerinnen Vizemeister, in der Vorsaison verpassten sie nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses den Premierentitel.

"Es ist gut, dass wir einen starken Konkurrenten haben. Jetzt müssen wir uns mehr anstrengen", sagt Uhlig. Die beiden jüngsten Begegnungen - das Cupfinale im Juni (im Elferschießen) sowie das Ligaduell der Vorsaison im April in Neulengbach - entschieden die von Brigitte Entacher betreuten Spratzernerinnen für sich. Am Samstag (18) ist dennoch Neulengbach Favorit. Beide Teams sind im bisherigen Saisonverlauf noch ohne Punkteverlust. Die Tabellenführung wird Neulengbach bei einem Spiel mehr und dem deutlich besseren Torverhältnis jedenfalls behalten.

Mit 350 Zuschauern im Wienerwaldstadion rechnet Uhlig. Das wären um 250 mehr als durschnittlich bei Liga-Heimspielen des Meisters. Nicht wirklich begeisternd. Aber Frauenfußball fristet hierzulande immer noch ein Mauerblümchendasein. Trotz der jüngsten Erfolge des Nationalteams, das in der vergangenen Saison erst im Playoff gegen Russland an der erstmaligen EM-Quali scheiterte.

Am Mittwoch wurden gar 1000 Zuschauer Augenzeugen von Neulengbachs viertem Champions-League-Achtelfinaleinzug. Ein 1:1 gegen Apollon Limassol reichte nach dem 2:1-Auswärtssieg. Der erstmalige Viertelfinaleinzug ist durchaus realistisch, wie Uhlig sagt. Das Losglück bescherte den Neulengbacherinnen mit dem türkischen Klub Konak einen schlagbaren Gegner. Viel weiß Uhlig nicht über ihn. Spratzern scheiterte am Mittwoch bei seiner ersten Champions-League-Teilnahme an Italiens Meister Torres Calcio. Über Spratzern weiß Uhlig deutlich mehr. No na. Zum Beispiel, dass die Kickerinnen dort etwa doppelt so viel verdienen wie seine. 500 bis 700 Euro erhält eine Neulengbach-Spielerin. Nina Burger, 25-jährige Team-Stürmerin, Top-Torjägerin der Liga und von Hauptberuf Polizistin, komme inklusive Fahrtgeld etwa auf 1000 Euro. Mit zehn Treffern führt sie die Torschützenliste vor der 17-jährigen Spratzern-Stürmerin Nicole Billa (8) an. Dahinter folgen mit Maria Gstöttner (Neulengbach/6) und Lisa Marie Makas (Spratzern/6) zwei weitere Spielerinnen der beiden niederösterreichischen Vereine.

Große Kluft

Auch ein Zeichen für die Kluft zwischen den Top-Klubs und dem Rest der Liga. Oder das 7:0 der Uhlig-Elf vor zwei Wochen gegen Rekordmeister Landhaus. "Die Resultate sind oft eindeutiger als die Spiele", sagt Uhlig. Die Liga habe sich enorm entwickelt, vor allem in taktischer Hinsicht seien die Klubs besser geworden.

Viel Notiz wurde davon nicht genommen. Das Medieninteresse ist überschaubar. Aber die meiste Kritik bekommt der Österreichische Fußballbund ab. Uhlig: "Frauenfußball interessiert den ÖFB nicht." Die Liga steht unter dessen Obhut. (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 18.10.2013)