Rio de Janeiro - Brasilien ist zwar der viertgrößte Automarkt, aber bei einigen technischen Entwicklungen hat das Land den Anschluss in der Branche verpasst. Deshalb hob die Regierung Anfang des Jahres "Inovar-Auto" aus der Taufe. Autobauern, die in Brasilien produzieren, gewährt das Programm Steuerrabatte von 30 Prozentpunkten und mehr - wenn sie im Land investieren und Vorgaben für Energieeffizienz sowie bei Forschung und Entwicklung erfüllen. "Inovar-Auto" läuft bis Ende 2017. Die Regierung hofft auf Milliarden-Investitionen und die Rechnung könnte aufgehen.
"Big-Four" aus Deutschland
Mercedes-Benz baut bald wieder Pkw in Brasilien, VW-Tochter Audi auch, BMW ebenfalls und Platzhirsch VW weitet seine Produktion aus. Sie planen zusammengerechnet Investitionen von über einer halbe Milliarde Euro in neue Werke oder den Ausbau bestehender. Auch Nissan und Mitsubishi (Japan) und JAC (China) stocken auf. "Inovar-Auto" geben alle als einen Grund an.
Das Programm sieht ein komplexes Bündel vor Zielvorgaben und Bedingungen vor, die bei den Autobauern akribisch durchgerechnet werden. Unter anderem soll der Spritverbrauch der Autoflotte gesenkt, Investitionen in Forschung und Entwicklung erhöht und die Produktion etappenweisen in Brasilien verstärkt werden. Je mehr und besser die Auflagen erfüllt werden, desto höher die Rabatte bei der Steuer auf Industrieprodukte (IPI). Doch das allein würde kaum als Grund reichen, neue Werke in Brasilien aus dem Boden stampfen.
Es ist rasante Wachstum am Zuckerhut, das vor allem das Oberklasse-Segment in den nächsten Jahren beflügeln soll. "Brasilien ist einer der wichtigsten Wachstumsmärkte", betont etwa Daimler. Die Stuttgarter erwarten, dass sich das Geschäft mit Premium-Autos bis 2020 verdreifacht, Audi rechnet beim eigenen Absatz bis dahin sogar mit dem Faktor vier. Auch BMW ist sehr optimistisch für die Entwicklung - auch wenn die Münchner keine Zahlen nennen.
Die beeindruckenden Wachstumsraten liegen aber vor allem daran, dass die absoluten Verkaufszahlen derzeit noch verschwindend gering sind. Zum Vergleich: In diesem Jahr rechnet Audi mit rund 7.000 Auslieferungen in Brasilien - aber um solche Stückzahlen in Deutschland zu verkaufen, braucht das Unternehmen keine zehn Tage. Und die 30.000 Autos, die Audi nach einer Vervierfachung des Absatzes im Jahr 2020 verkaufen will, wird die Volkswagen-Tochter in China heute schon innerhalb von knapp drei Wochen los. Ähnlich sieht es bei den Konkurrenten Daimler und BMW aus.
So kommt es, dass selbst zweistellige Zuwachsraten Brasiliens Oberklasse-Segment so schnell nicht in die vordersten Ränge der Autowelt katapultieren werden. Nach neusten Zahlen des Beratungsunternehmens IHS Global Insight wird das Land 2020 erst auf Rang 15 der größten Absatzmärkten in diesem Bereich stehen. Zwar ist Brasilien schon jetzt der viertgrößte Markt für Autos insgesamt, aber bei den Premium-Marken dürften das Land auch in sieben Jahren mit knapp 110.000 Fahrzeugen noch hinter Belgien, Australien oder Kanada liegen. (APA, 18.10.2013)