Gregor Auenhammer

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Schwerpunktausgabe
25 Jahre STANDARD

Nichts unterscheidet den Österreicher vom Deutschen mehr als die gemeinsame Sprache, hatte Karl Kraus einst konstatiert. So lässt sich wohl die babylonische Sprachverwirrung angesichts dieser deutsch-österreichischen Allianz deuten. Das kreative Chaos des täglichen Produktionsprozesses geriet in den Anfangstagen im Stile virtuoser Improvisation regelrecht zum Wettlauf gegen die Zeit. Inklusive Le-Mans-Start diverser Botenstafetten vom Gestade in die Druckerei, wo Fotos gerastert, Texte montiert und, heute unvorstellbar, per Klebeumbruch auf Film belichtet und Druckplatten gebannt wurden. Just am Abend der Erstausgabe fehlten zwei Fotos, die dann via reitenden Boten eingeflogen wurden. Entsetztes Unverständnis war manch hanseatischem Kollegen ins Gesicht geschrieben, als ein Taxler das Büro mit den Worten "Bei mir waschelt's eine, i hob scho ganz nasse Bock" betrat. Assoziativ, den Namen des Kurierdienstes und Hödlmosers Zitat "Kommt der Bauch vorm G'sicht ums Eck, ist's bestimmt der Knoflicek" fusionierend, konnte man jenen Boten ruhigen Gewissens als Kugelblitz apostrophieren. Ein eher subjektivem Unwillen als realer Unmöglichkeit geschuldetes transdanubisches "Tamma net, kömma net, weu da gengan dem Pudel de Haar aus" wurde preußisch "Mensch, jetzt kreist doch gleich der Hammer" quittiert.

Szenenwechsel. Paradox, aber intern wurde das Kommunikationsmedium nicht immer jener Nomenklatur gerecht. Beispiele dafür der allzu restriktive - Reinheitsgebote à la "mani pulite" vorwegnehmend - Limes zwischen Redaktion und Verlag oder jener eruptiv-emotionale Vulkanausbruch des damaligen austroamerikanischen Marketingleiters aufgrund eines eigenmächtig in die Wüste geschickten Kooperationsinserats, der im Sermon "I fahr' extra nach Turin, de ganze Wöd wart' auf des Inserat - und Sie haun's auße? San Sie wahnsinnig?" gipfelte. However. Die Welt dreht sich immer noch, die Kommunikation hat sich, wie die Technik, radikal verändert. Das "tägliche Happening", als das Herr Bronner das Entstehen der Tageszeitung in einem Interview 1989 bezeichnet hat, ist hoher Diplomatie, minutiöser Planung und Weitblick gewichen. Geblieben ist die Leidenschaft. (Gregor Auenhammer, DER STANDARD, 19./20.10.2013)