
Linz - Nur vier Prozent der österreichischen Wahlberechtigten glauben, dass sich die Arbeit der Politiker in den vergangenen 25 Jahren verbessert hat - 52 Prozent sind der Meinung, dass sie vor einem Vierteljahrhundert besser gewesen wäre. Dabei sind vor allem die Befragten über 40, die die späten 1980er-Jahre schon bewusst miterlebt haben, überzeugt, dass es seinerzeit besser gewesen sei. Das zeigt eine Umfrage des Linzer Market-Instituts, dargestellt in der Grafik.
Der STANDARD ließ auch fragen: "Vor 25 Jahren wurde Österreich von einer SPÖ-ÖVP-Koalition unter Bundeskanzler Franz Vranitzky von der SPÖ und Vizekanzler Alois Mock von der ÖVP reagiert. Wer hat Ihrer Meinung nach Österreich besser geführt und auf die Zukunft vorbereitet? Vranitzky und Mock im Jahr 1988 oder Faymann und Spindelegger im Jahr 2013?"
David Pfarrhofer von Market: "Das Ergebnis ist eine Ohrfeige für die derzeitige politische Spitze: Nur sechs Prozent meinen, dass das Land heute besser geführt wäre als damals, 33 Prozent glauben, dass das ziemlich ähnlich ist. Aber eine relative Mehrheit von 44 Prozent gibt eindeutig Vranitzky und Mock den Vorzug."
Auch wenn sich viele, die die damalige Politik nicht mitbekommen haben, der Aussage enthalten, so ist doch in allen Gruppen von Befragten deutlich, dass die heutige Regierung nur von einer kleinen Minderheit als besser gesehen wird. Pfarrhofer: "Da mag Nostalgie mitspielen, so wie es damals vielleicht eine Kreisky- oder gar Gorbach-Pittermann-Nostalgie gegeben haben mag. Aber wir haben generell Rekordwerte an Misstrauen gegenüber jeder Macht. Und das nützt innenpolitisch der FPÖ."
FPÖ repräsentiert Opposition
In der aktuellen Umfrage hat Pfarrhofer die Sonntagsfrage hochgerechnet und dabei festgestellt, dass die FPÖ die SPÖ bereits eingeholt hat: Beide Parteien liegen nun bei 25 Prozent. Das bedeutet, dass die SPÖ in nur drei Wochen seit der Wahl rund zwei Prozentpunkte verloren hat und die FPÖ vier bis fünf Prozentpunkte zulegen würde, wenn es jetzt noch einmal eine Wahl gäbe.
Die ÖVP würde etwa einen Prozentpunkt einbüßen und bei rund 23 Prozent auf dem dritten Platz landen, ebenfalls ziemlich unverändert sind die Grünen mit rund zwölf Prozent auf dem vierten Platz.
Was aber auffällt: "Die FPÖ hat die Oppositionsrolle für sich besetzt, wir haben eine Bekennerfreude wie schon lange nicht mehr. Das Team Stronach müsste dagegen froh sein, wenn es bei einer allfälligen Neuwahl überhaupt ins Parlament gewählt würde, und das BZÖ verschwindet mit zwei Prozent völlig aus der Wahrnehmung", sagt Pfarrhofer.
Dagegen ist es den Neos gelungen, sich im Bewusstsein der Wähler zu etablieren: Sieben Prozent in der Hochrechnung sind etwa zwei Prozentpunkte mehr, als sie zuletzt erreichen konnten.
Was versäumt wurde
Schließlich ließ der STANDARD fragen, was die Politik in den vergangenen 25 Jahren versäumt hat zu bewirken. Neben dem (von Österreich kaum beeinflussbaren) Wunsch, die Kinderarbeit abzustellen, mit 74 Prozent fällt vor allem auf, dass beim Abbau der Staatsverschuldung die meisten Versäumnisse gesehen werden: 72 Prozent nennen diesen Punkt, vor allem Neos- und ÖVP-Wähler.
69 Prozent beklagen, dass es nicht gelungen ist, die Atomkraft europaweit zu verbieten. Dagegen ist ein vereinigtes Europa ("näher zusammenrücken zu Vereinigten Staaten von Europa") nur 29 Prozent ein Anliegen und eine Stärkung der EU, damit sie die USA als Weltmacht Nummer eins ablösen kann, gar nur 15 Prozent ein Anliegen. 32 Prozent bedauern, dass es kein Berufsheer gibt, fünf Prozent, dass wir nicht der Nato beigetreten sind. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 21.10.2013)