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Gebrüder Stitch sind ernüchtert: Die Passform ist eher Kaufmotiv als nachhaltige Produktion.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien - "Je näher mir ein Produkt kommt, desto nachhaltiger soll es sein" , fasst Moriz Piffl von den Gebrüdern Stitch die neue Studie "Wie nachhaltig kauft Österreich" vom Meinungsforschungsinstitut Marketagent.com zusammen. Sprich: "Wichtig ist, was ich mir in den Mund stopf'. Und was ich mir ins Gesicht schmier'." Das soll möglichst sauber, gesund und nachhaltig sein. Ob aber die Gesundheit eines Baumwollbauern oder eines Färbers auf dem Spiel steht, ob eine Näherin in einem Sweatshop ausgebeutet wird, ist weit weniger kaufentscheidend.

Das zeigt sich schon bei der Frage, wie häufig nachhaltige Produkte gekauft werden: Knapp 80 Prozent der Befragten gaben an, das bei Lebensmitteln "(fast) immer" oder "häufig" zu tun. Bei Kosmetik, Körperpflege, Putz-, Wasch- und Reinigungsmitteln greift immer noch jeder Zweite zumindest häufig zu ihnen. Bei der Bekleidung hingegen sind es knapp 65 Prozent der Befragten, die erklärten, dass sie nur "gelegentlich" oder gar "nie" nachhaltig produzierte Textilien kaufen.

Ein Abbild Österreichs

Befragt wurden 1000 Österreicherinnen und Österreicher von Marketagent.com, die repräsentativ ausgesucht wurden, sodass die Auswahl die Bevölkerungsverhältnisse von Österreich widerspiegelt - was beispielsweise das Alter, die Ausbildung oder die jeweiligen Bundesländer betrifft.

Die Diskrepanzen je nach Produktgruppe bei den Resultaten mögen auch damit zusammenhängen, was gemeinhin unter dem Begriff "Nachhaltigkeit" verstanden wird: Rund 18 Prozent verbinden damit nämlich "sorgsam mit der Natur und der Umwelt umgehen". Für 14,5 Prozent bedeutet dies auch, Ressourcen und Rohstoffe zu schonen. Aber beispielsweise nur 1,9 Prozent sind der Ansicht, dass "Nachhaltigkeit" auch einen respektvollen Umgang mit Menschen und das Einhalten sozialer Standards bedeuten könnte. Sprich: Nachhaltigkeit wird mit dem Ökogedanken verbunden - dass sie auch bei wirtschaftlichen und sozialen Belangen zum Tragen kommt, ist längst nicht so weit durchgedrungen.

"Papa Staat" soll's richten

Eindeutig ist auch, wer in den Augen der Befragten für nachhaltiges Handeln verantwortlich sei: Der Staat, sagen 64,3 Prozent. Internationale Organisationen wie EU oder Uno, finden 58,2 Prozent. Die Unternehmen, sagen 56,1 Prozent. Nur jeder Zweite ist überzeugt, dass Privatpersonen und Konsumenten für nachhaltiges Handeln eine "sehr große Verantwortung" tragen.

55,4 Prozent finden übrigens, dass sie selbst einen allgemein nachhaltigen Lebensstil pflegen - die Befragten glauben aber im Gegenzug, dass nur 29,6 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher das tun. Auch hier wieder zeigt sich die Schere: 66,6 Prozent glauben, dass sie selbst beim Lebensmittelkonsum nachhaltig agieren - beim Textilkauf sind es aber nur 35,8 Prozent.

Vermeidung von Zusatzstoffen

Und dann noch die Frage, wie Nachhaltigkeit gefördert werden könne. Durch die "Vermeidung von Zusatzstoffen, die von meinem Körper aufgenommen werden können", finden (sei es Bekleidung oder Lebensmittel) 55 bis 66 Prozent. Durch die "Vermeidung von Zusatzstoffen, die vom Körper des Arbeiters aufgenommen werden können", finden nur noch 44 bis 53 Prozent. Dass die faire Entlohnung aller Lieferanten und Mitarbeiter Nachhaltigkeit fördern könnte, das finden nur noch 35 bis 39 Prozent.

Für die Gebrüder Stitch, die sich die Produktion nachhaltiger Jeans aus garantiert bio und fair produzierten Stoffen im Mariahilfer Hinterhof zum Ziel gesetzt haben, ist dies ein erwartetes, aber dennoch ernüchterndes Ergebnis. Denn auch aus Kundengesprächen weiß Moriz Piffl: "Zu 90 Prozent ist bei uns die Passform das Kaufmotiv. Unsere Kunden wollen ein individualisiertes Maßprodukt. Für eine nachhaltig und lokal endgefertigte Jeans alleine würde die Aufpreisbereitschaft längst nicht reichen." (frei, DER STANDARD, 22.10.2013)