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Norbert Lammert wurde als Bundestagspräsident wiedergewählt.

Foto: AP/Markus Schreiber

Berlin - Einen Monat nach der Bundestagswahl hat sich in Deutschland am Dienstag das neue Parlament konstituiert. Als Bundestagspräsident wurde der CDU-Politiker Norbert Lammert wiedergewählt. Der 64-Jährige erhielt 591 Stimmen bei 26 Gegenstimmen und 9 Enthaltungen. Lammert ist sei seit 2005 Präsident des Parlaments. Das Amt ist protokollarisch das zweithöchste im deutschen Staat und wird traditionell von der größten Fraktion besetzt.

Lammert hat der künftigen Opposition die Wahrung ihrer Minderheitenrechte auch im Falle einer Großen Koalition zugesagt. "Die Kultur einer parlamentarischen Demokratie kommt weniger darin zum Ausdruck, dass am Ende Mehrheiten entscheiden, sondern dass Minderheiten eigene Rechtsansprüche haben, die weder der Billigung noch der Genehmigung durch die jeweilige Mehrheit unterliegen", sagte Lammert in seiner Rede.

Die Minderheit müsse jede Möglichkeit haben, ihre Einwände, Vorschläge und Alternativen zur Geltung zu bringen. Lammert zeigte sich für eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestags "oder einschlägigen gesetzlichen Regelungen" offen. Damit schloss er auch eine Reform des Grundgesetzes nicht aus, die aber umstritten ist. An die von allen Fraktionen im Ältestenrat signalisierte grundsätzliche Bereitschaft zu Änderungen müsse man nun anknüpfen, forderte Lammert. Der CDU-Politiker war zuvor mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt worden.

Wenn sich Union und SPD auf eine Große Koalition einigen, würden sie über fast 80 Prozent der Sitze verfügen. Die Opposition aus Linken und Grünen käme nur auf rund 20 Prozent der Sitze. Um einen Untersuchungsausschuss zu beschließen, ein Gesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen oder andere Minderheitenrechte in Anspruch nehmen zu können, bedarf es bisher aber mindestens 25 Prozent der Stimmen.

Merkel führt Geschäfte weiter

Am Dienstagnachmittag erhalten Kanzlerin Angela Merkel und die Minister der christlich-liberalen Koalition von Bundespräsident Joachim Gauck die Entlassungsurkunden. Die Regierung bleibt aber geschäftsführend im Amt. Bereits kurz vor Eröffnung der Bundestagssitzung hatte Gauck Merkel am Dienstag ersucht, die Regierungsgeschäfte bis zur Ernennung der Nachfolge weiterzuführen.

Die Regierungsbildung zieht sich in Deutschland in die Länge, weil Merkels Christdemokraten nach dem Verlust ihres Koalitionspartners FDP eine Bündnis mit einem ihrer bisherigen politischen Gegner bilden müssen.

Nach mehreren Sondierungsrunden entschieden die Führungen von CDU/CSU und SPD erst am vorigen Donnerstag, Verhandlungen über eine große Koalition aufzunehmen. Da über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen auch noch die SPD-Mitglieder abstimmen müssen, wird mit der Kanzlerwahl im Bundestag nicht vor Mitte Dezember gerechnet. (APA, 22.10.2013)