Bild nicht mehr verfügbar.

Die Angst vor einer neuerlichen Hochwasserkatastrophe lässt bei vielen Betroffenen Heimatgefühle langsam verblassen und die Ideen nach einem trockenen Neustart reifen.

Foto: dpa/Jan Woitas

Linz - Die Bilder sind auch nach fast fünf Monaten in den Köpfen vieler Bewohner des Eferdinger Beckens präsent: Unglaubliche Wassermassen, die ganze Dörfer überschwemmen. Menschen, die panisch flüchten, Hab und Gut hinter sich lassen und auf Hausdächern um ihr Leben bangen. Die Flutkatastrophe Anfang Juni 2013 hat die Bewohner des Eferdinger Beckens hart getroffen.

Heute fließt die Donau wieder in geregelten Bahnen, Schlamm und Schäden sind weitgehend beseitigt. Doch geblieben ist die Angst. Sie ist der Grund für die Überlegung vieler Betroffener, andernorts einen hochwassersicheren Neustart zu wagen. Die Basis dafür wurde jetzt vonseiten der oberösterreichischen Landesregierung gelegt.

138 Wohngebäude

Am Dienstag präsentierten die Landtagsparteien ihren einstimmigen Beschluss zum Aussiedlungsgebiet im Eferdinger Becken. Die auf ein 100-jährliches Hochwasser abgestimmten Absiedlungszonen umfassen ein Gebiet von mehr als 24 Quadratkilometern nördlich der Donau im Bezirk Urfahr-Umgebung und südlich im Bezirk Eferding: 612 Objekte, darunter 138 Wohngebäude.

"In diesen Zonen wird nun ein Bauverbot verankert und es werden den betroffenen Bewohnern Schätzgutachten angeboten", erläutert Umweltlandesrat Rudi Anschober (G). 80 Prozent vom Zeitwert des Gebäudes werden Hausbesitzern - durch Förderungen von Bund, Land und Gemeinde - ersetzt. Für das Grundstück, das nach der Absiedlung im persönlichen Besitz bleibt, gibt es keine Entschädigung. Und über all diesen Plänen steht die Freiwilligkeit. Wer vor Ort bleiben möchte, kann in Ausnahmefällen etwa auch den ersten Stock eines Hauses zu Wohnzwecken ausbauen. "Förderungen gibt es dafür allerdings keine", stellt SPÖ-Klubvorsitzende Gertraud Jahn klar.

Keine Zwangsumsiedlung

Sollte jemand nicht aussiedeln und auch nicht in ein höheres Stockwerk ziehen wollen, so kann er auch das tun. Er muss zwar mit den künftigen Hochwässern leben, bekommt im Unglücksfall aber dennoch Unterstützung aus dem Katastrophenfonds.

Für Anschober ist bei den Absiedlungsplänen vor allem der Zeitfaktor entscheidend: "Wegzugehen ist bei vielen Betroffenen eine der schwersten Entscheidungen ihres Lebens. Wir wollen und werden niemanden drängen." Beim Entscheidungsprozess helfen sollen Info-Veranstaltungen direkt in den Gemeinden.

"Für die Opfer der Hochwasserkatastrophe ist es besonders wichtig, dass nun Klarheit geschaffen wird, wie es weitergeht", betont SPÖ-Klubchefin Jahn.

Doch Unklarheit herrscht vor allem aber noch darüber, wohin es für mögliche Absiedler künftig gehen soll. Der für Raumordnung zuständige Landesrat Michael Strugl (ÖVP) setzt diesebzüglich auf Angebot und Nachfrage: "Wir müssen zuerst abwarten, wie viele Betroffene sich in welchen Gemeinden melden. Erst dann kann man beurteilen, wie viele Grundstücke benötigt werden und wo diese konkret verfügbar sind.

250 Millionen Euro

Die Absiedlungszonen sind das erste Modul für einen künftig verstärkten Hochwasserschutz. Bis 2015 soll ein komplettes Konzept für das gesamte Gebiet erstellt werden. Die Kosten werden mit rund 250 Millionen beziffert. Für den Machland-Damm, das bisher größte Hochwasserschutzprojekt Mitteleuropas, waren insgesamt 182 Millionen Euro notwendig. Das Eferdinger Becken gilt als der letzte weiße Fleck beim Hochwasserschutz entlang der Donau. Alle anderen Bereiche von Passau bis Wien haben entweder schon Schutzmaßnahmen oder entsprechende Projekte sind für 2013 bis 2019 geplant und ausfinanziert. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 23.10.2013)