Was man mit zwei Milliarden Euro so alles machen könnte: Die hohen Einnahmen aus der Auktion der neuen Mobilfunkfrequenzen haben Fantasien und Begehrlichkeiten geweckt. Selbst wenn diese kein Gehör finden sollten, hat sich der budgetäre Spielraum Österreichs durch den unerwarteten Geldregen nicht erhöht. Einerseits, weil die Kärntner Hypo mehr benötigen wird, als die Telekomfirmen für die neuen Lizenzen bezahlen. Andererseits, weil sich einmalige Einnahmen nicht besonders gut dazu eignen, laufende Ausgaben zu decken.

Der zweite Hinweis mag trivial erscheinen, hat aber eine gewisse Berechtigung. Wann immer österreichische Politiker glauben, genügend Mittel für die eine oder andere Maßnahme zusammengekratzt zu haben, übersehen sie gerne die langfristigen Folgekosten. Ein Beispiel dafür bot Finanzministerin Maria Fekter kürzlich höchstpersönlich, als sie von einer Kompensation der fehlenden Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer durch Überweisungen aus Liechtenstein im Zuge der Besteuerung hinterzogener Mittel sprach. Der Trugschluss: Während die "Tobin Tax" dauerhaft fehlen dürfte - zumindest so lange, bis eine europäische Lösung steht -, fließen die Mittel aus Liechtenstein nur einmal.

Keine Einsparungen

In Österreichs Finanzpolitik ist das freilich nicht die einzige Gesetzmäßigkeit der besonderen Art: Pensionsreformen führen interessanterweise regelmäßig zu keiner Anpassung des Ruhestandsalters an die steigende Lebenserwartung. Gesundheitsreformen werden schon als Erfolg verkauft, wenn noch keine Maßnahme gesetzt wurde, die eine nennenswerte Einsparung in Aussicht stellen würde. (Um das katastrophale Finanzbild zu schönen, werden neue Budgetzuschüsse an die Kassen dreist verschleiert.) Und eisernes Sparen bei den Bundesbediensteten bringt in Österreich keine Stabilisierung der Bezüge, sondern einen Anstieg der Personalausgaben - im Vorjahr waren es 8,2 Prozent.

In diese Gesamtschau passte es natürlich vorzüglich, die zwei Milliarden vom Telekomsektor in eine stärkere Anhebung der Pensionen, in neue Familienförderungen oder Bauprogramme zu lenken. Dann müsste sich die Regierung freilich auch die Frage gefallen lassen, welche Vermögenswerte zur Befüllung des nächsten Haushaltslochs verhökert werden. Neue Frequenzen gibt es schließlich nicht alle Tage.

Dazu kommt, dass die Zusatzeinnahmen nicht vom Himmel fallen, sondern von ziemlich hart konkurrierenden Telekomfirmen hingeblättert werden. Auch wenn die Rechnung, dass die zwei Milliarden Euro eins zu eins auf die Kunden überwälzt werden, wegen des intensiven Wettbewerbs nicht stimmt: Ganz spurlos wird die Mehrbelastung nicht an den Handynutzern vorübergehen. Die Konsumenten zahlen somit letztlich doppelt: höhere Steuern, um neue Budgetlücken zu stopfen, die Folge unangebrachter Spendierlaune sind; und höhere Tarife, um Mehrkosten der Anbieter zumindest teilweise zu decken.

Vor diesem Hintergrund wäre die künftige Regierung gut beraten, die Extramittel bis zum Abschluss eines Kassensturzes auf ein Sperrkonto zu legen. Der würde höchstwahrscheinlich ergeben, dass die Frequenzeinnahmen nicht annähernd die Kosten für die Sanierung der Hypo-Deponie decken. Womit die Fantasien bezüglich neuer staatlicher Betätigungsfelder getrost solche bleiben können.

 (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 23.10.2013)