Fernsehwerbung für Zahnpasta ist heutzutage eine ernsthafte Sache: Studierte Menschen in Laborkitteln entblößen ihr strahlend weißes Gebiss und referieren neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Früher einmal, da gab es in der Welt noch keine Zahnseide und auch sonst mehr zu lachen: Die Colgate Comedy Hour, vom Erfinder der Tubenzahnpasta finanzierte US-Fernsehunterhaltung der Jahre 1950 bis 55, wusste zu diesem Zweck unter anderem den komischen Virtuosen Jerry Lewis und seinen mehr um Seriosität bemühten singenden Partner Dean Martin aufzubieten.
Bei der Jerry-Lewis-Retrospektive im Filmmuseum ist derzeit eine Auswahl dieses bunten Treibens einzelnen Kinofilmen vorgespannt. Mit Orchester im Hintergrund performen die beiden da jeweils live die Routine vom G'scheiten und vom Blöden - vor allem der Gummikörpereinsatz von Lewis ist wirklich beachtlich. Und seine Crooner-Qualitäten können sich mit denen seines Partners messen. Nicht minder erstaunlich auch, dass im Frühwerk That's My Boy von 1951 der seinerzeit immerhin schon 34 Jahre alte Dean Martin noch ganz ernsthaft einen Studienanfänger geben durfte: den athletischen Frauenschwarm als Konterpart zum linkischen Psychosomatiker und Sohn eines übermächtigen Vaters - und ja, Lewis trägt in dieser Rolle eine Zahnspange. Aber das ist wahrhaft sein geringstes Problem.
Was folgt daraus? Betrübte Menschen, die sich dieser Tage vorerst vergeblich um Viennale-Karten für den neuen Woody-Allen-Film bemüht haben (Blue Jasmine, Kinostart: 7. November), können bei der Retrospektive auf alle Fälle viel Trost suchen und finden. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 25./26./27.10.2013)