Tunis - Angesichts der politischen Krise in Tunesien hat Ministerpräsident Ali Larayedh seine Bereitschaft zum Rücktritt bekräftigt, aber keinen konkreten Zeitpunkt genannt. Die Regierung sei auf der Grundlage des vereinbarten politischen Fahrplans grundsätzlich bereit zurückzutreten, um die Krise im Land zu beenden, sagte Larayedh am späten Mittwoch in einer mit Spannung erwarteten Rede. Neue Verhandlungen mit der Opposition sind für Freitag geplant.

Die Opposition war davon ausgegangen, dass Larayedh ankündigen werde, sein Amt binnen drei Wochen niederzulegen, wie in einem zu Monatsbeginn ausgehandelten Fahrplan zur Konfliktlösung vorgesehen.

Der Vorsitzende der Verfassunggebenden Versammlung, Mustapha Ben Jafaar, äußerte vor der Ansprache, er rechne fest damit, dass Larayedh seinen Entschluss zum Rücktritt noch am Mittwoch verkünden und ihn "binnen weniger Wochen" vollziehen werde, um den Plan zur Konfliktlösung zu unterstützen. Auch 60 Oppositionsabgeordnete erklärten, sie hätten derartige Zusicherungen erhalten.

Die Opposition zeigte sich nach der Rede entsprechend enttäuscht. Neue Gespräche mit der islamistischen Regierung, die eigentlich am Mittwoch beginnen sollte, wurden auf Freitag verschoben. Bei dem sogenannten Nationalen Dialog sollten von Larayedh "weitere Erklärungen" verlangt werden, teilte der Generalsekretär des mächtigen Gewerkschaftsverbands UGTT, Houcine Abassi, mit.

Dialog gegen Stillstand

Mit dem Dialog soll der politische Stillstand überwunden werden, der das nordafrikanische Land seit Ende Juli lähmt. Damals hatte die Ermordung des Oppositionspolitikers Mohammed Brahmi ein politisches Chaos in Tunesien ausgelöst. Angelastet wurde die Tat islamischen Fundamentalisten. Im Rahmen des Dialogs sollen ein Übergangskabinett ernannt sowie eine Verfassung und ein Wahlgesetz ausgearbeitet werden.

Bei Kämpfen mit radikalen Islamisten wurden in der zentralen Region Sidi Bouzid am Mittwoch sechs Sicherheitskräfte getötet. Staatschef Moncef Marzouki ordnete deswegen eine dreitägige Staatstrauer an. Die UGTT rief ihrerseits in Sidi Bouzid und in Kasserine an der Grenze zu Algerien zu Generalstreiks auf. Fünf Opfer stammten aus den beiden Regionen, das sechste aus der nordwestlichen Region Kef.

Die Opposition wirft der islamistischen Regierung vor, radikalislamische Gruppierungen nicht entschieden genug zu bekämpfen und vor allem nicht genug Personal bereitzustellen. Die Angehörigen der getöteten Sicherheitskräfte lehnten die Teilnahme von Regierungsvertretern an den Beisetzungen ab. In Kasserine versammelten sich am Morgen einige Menschen zu einer Demonstration gegen die Regierung. (APA, 24.10.2013)