Die Sprachkurs-Saison ist eröffnet. Ein paar Freunde und Verwandte nichtdeutscher Muttersprache haben sich im Oktober wieder einmal - mehr oder minder emsig - darangemacht, Deutsch zu lernen. Es sind dies arme Leute, das kann ich Ihnen aus Erfahrung sagen.

Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn habe ich eine Zeitlang Deutsch für Ausländer unterrichtet und dabei blitzartig festgestellt, dass Deutsch ein von inländischen Sadisten für ausländische Masochisten erfundenes Idiom ist, ganz dazu angetan, jeden, der sich mit ihm einlässt, bis ins Mark zu peinigen. Ich erinnere mich an die Blicke argloser Albaner, entgeisterter Esten und perplexer Polinnen, als ich ihnen die ersten Basisfiesitäten des Deutschen erläuterte. Kein Muckser war von meinen schockstarren Schützlingen mehr zu hören.

Nehmen wir die "Verben mit trennbaren und untrennbaren Zusätzen" als Beispiel. Es gibt deutsche Verben mit untrennbaren Vorsilben (bekochen, gestehen, versehen etc.), die eher easy (hö, ein Fremdwort!) zu handhaben sind. Es gibt aber auch Wörter mit trennbaren Vorsilben (ankündigen, aufganseln, zudröhnen etc.), bei denen die Vorsilbe ans Ende des Satzes wandern und eine ganze Wagenladung näherer Bestimmungen zwischen Verb und Präfix rücken kann: "ÖVP und SPÖ kündigen für den Fall einer Erneuerung der großen Koalition eine tiefreichende Reform der politischen Grundlagen in Österreich an."

Das ist ein inhaltlich zwar sinnloser, grammatikalisch aber korrekter Satz. Er wird jeden Ausländer zur Weißglut bringen, weil dieser gezwungen ist, Verb und Präfix mental in zwei Teile zu teilen und ohnmächtig zuzusehen, wie der Raum zwischen beiden schier endlos mit Füllmaterial vollgerammelt wird. Arthur Schopenhauer hat einmal gemeint, die Deutschen neigten dazu, ihre Sätze "wie gebratene Gänse mit Äpfeln mit Perioden" vollzustopfen, "an die man sich nicht machen darf, ohne vorher nach der Uhr zu sehen".

Seien wir froh, dass wir, anders als Ausländer oder etliche österreichische Polit-Funktionärr, wenigstens halbwegs Deutsch können. Und wer weiß, vielleicht ließe sich ja für besonders abgebrühte SM-Fans eine strenge Grammatik-Kammer einrichten: "Sklave, deklinier mir ,mein kleiner Apfel', ,meines kleinen Apfels' etc. in allen Fällen durch!" Furchterregend! (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 25./26./27.10.2013)