Jeff Koons "Balloon Dog (Orange)" (1994-2000) wartet in New York für taxierte 35 bis 55 Millionen Dollar auf ein neues, jedenfalls reiches Herrchen oder Frauchen.

Foto: Christie's / Tom Powel

Als Beobachter des internationalen Kunstmarktzirkus gerät man bisweilen ins Grübeln: Das Volumen der über Auktionshäuser oder Kunstmessen offerierten Kunstwerke hat in der letzten Dekade gigantische Ausmaße angenommen, und zeitgleich wird die Taktung der Termine immer straffer. Man fragt sich: Haben Kunden da nicht schon längst den Überblick verloren? Nach welchen Kriterien sondieren und entscheiden Sammler? Und spielt Zeitdruck eine Rolle und wenn ja, welche? Wer gehört angesichts dieser Entwicklung am Ende zu den Gewinnern, wer zu den Verlierern?

Die Herbstsaison ist ein gutes Beispiel: Kaum hat man die Flugtickets nach London gebucht, wo Mitte Oktober mit der Frieze und zeitnahen Auktionen die traditionelle Contemporary-Sause auf dem Programm steht, wirft New York flugs seine Marketingmaschinerie zu den im November anberaumten Auktionen an. Nicht nur auf Außenstehende wirkt das längst wie der Pinkelwettbewerb zweier Metropolen. Und da sind prosperierende Nebenschauplätze wie Hongkong oder Paris noch gar nicht im Spiel.

Frisches Zahlenfutter

Nur, nach außen hin scheint es zu funktionieren, wiewohl einem der detaillierte Blick hinter die Kulissen und in die Buchhaltung naturgemäß verwehrt bleibt. Teilnehmer von Kunstmessen geben nur sporadisch und meist eher strategisch relevante Verkäufe bekannt, dagegen üben sich Auktionshäuser in Transparenz.

Das im Anschluss der Frieze-Woche (15.-18. 10.) gereichte Zahlenfutter: Phillips eröffnete den Auktionsreigen mit einer kleinen, aber feinen Auswahl, die mit 12,98 Millionen Pfund (15,3 Mio. Euro) etwas mehr als die Vergleichssitzung des Vorjahres eintrug. Bei Sotheby's summierte sich die Wochenbilanz auf 49,78 Millionen Pfund (58,75 Mio. Euro), im Vorjahr war dieser Wert noch deutlich höher bei 69,89 Millionen Pfund (87,35 Mio. Euro) gelegen. Die beiden höchsten Zuschläge der Abendauktion erteilte Sotheby's amerikanischen Privatsammlern: einerseits 3,55 Millionen Pfund (4,19 Mio. Euro) für Glenn Browns Ornamental Despair (Painting for Ian Curtis) aus dem Jahr 1994, andererseits 1,48 Millionen Pfund (1,74 Mio. Euro) für Andreas Gurskys Paris, Montparnasse (1993), das im Auftrag der Deutschen Telekom versteigert worden war.

Deutlich besser als im Vorjahr lief es für Christie's, wo man nach drei Auktionen 67,9 Millionen Pfund (80,1 Mio. Euro) in die Bücher notierte, den höchsten Einzelwert hatte ein anonymer Käufer für Alberto Burris Sacco (1953) bei 2,99 Millionen Pfund (3,53 Mio. Euro) bewilligt.

Nachgerade beschaulich nehmen sich im Vergleich dazu die im gleichen Zeitraum verzeichneten Geschäfte in Wien aus. Die im Zuge der Viennafair aus Russland und anderen Ländern eingeflogenen Klienten haben sich wieder vom Feld getrollt, so mancher Aussteller leckt angesichts der Unwirtschaftlichkeit noch seine Wunden und hofft auf das Nachgeschäft. Im Auktionshaus Kinsky verteilte man zeitnah 50 Prozent seiner Zeitgenossen-Offerte (8. 10.) und blieb der Umsatz mit 1,78 Millionen Euro unter den Erwartungen. Die Top-Platzierung bescherte Gottfried Helnwein: Im Nachspann der Retrospektive in der Albertina (bis Ende August) ließ ein heimischer Sammler für Mouse XI (2009) stolze 62.500 Euro springen - im Dorotheum hatte im Mai ein weitaus größeres Format Mickeys mit 110.100 Euro den vorläufigen Künstlerweltrekord erzielt.

Dort, in der Dorotheergasse standen im Zuge der dritten Auktionswoche (14.-16. 10.) mehr als 1300 Exponate aus vier Sparten Spalier. Gemessen an den Verkaufsquoten holte sich die Sektion Antiquitäten mit nur 37 Prozent eine herbe Niederlage und setzten sich Juwelen mit 73 Prozent an die Spitze. Den höchsten Umsatzanteil lieferten traditionell Alte Meister (7,9 Mio Euro, Verkaufsquote 44 Prozent), gefolgt von Gemälden des 19. Jahrhunderts (2,75 Mio. Euro; 59 Prozent). Den Top-Wert der Woche hatte man jedoch nicht in der öffentlichen Auktion, sondern hinter den Kulissen ausbaldowert. Pieter Brueghels Besuch auf dem Bauernhof war gar nicht erst zum Aufruf gelangt, da es bereits vor der Auktion für 596.300 Euro über einen Privatverkauf den Besitzer wechselte. (Olga Kronsteiner, Album, DER STANDARD, 25./26./27.10.2013)