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Zu wenige Turnusärzte wollen nach der Spitalsausbildung eine Praxis eröffnen.
Bregenz – Die medizinische Versorgung in Vorarlberg soll besser werden, vor allem die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern. Das versprach Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) letzte Woche nicht zum ersten Mal. Gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern präsentierte er das vom Bund geforderte "Landes-Zielsteuerungssystem" für die "abgestimmte Zusammenarbeit".
Spitalsambulanzen sollen entlastet, die Ordinationszeiten der niedergelassenen Ärzte den Bedürfnissen der Patienten angepasst werden. Doktor Computer soll bei der Suche nach der passenden Behandlung helfen. Ein webbasiertes Erstkontakt- und Beratungsservice soll Patientinnen und Patienten im Bedarfsfall rasch zum richtigen Versorgungsangebot lotsen. Vorarlberg möchte dazu ein Pilotmodell entwickeln.
Pensionierungswelle verschärft Ärztemangel
Soweit die Theorie. Zur Praxis meldete sich die Dornbirner Ärztin Gabriele Sprickler-Falschlunger, Landtagsabgeordnete der SPÖ, zu Wort. Im schönen Modell der Landesregierung stünden die Hausärzte als Hauptakteure bei der Erstversorgung der Patienten im Mittelpunkt. "Sie sollen chronische Patienten begleiten und die postoperative Versorgung nach tagesklinischen Eingriffen übernehmen", sagt Sprickler-Falschlunger. Prinzipiell ein guter Ansatz, aber: "Die Hauptakteure sind nicht ausreichend vorhanden." Denn immer weniger Jungmediziner bewerben sich für freie Landarztstellen.
Die Pensionierungswelle der nächsten zehn Jahre werde den Zustand weiter verschärfen. "Wenn von den Verantwortlichen im Land nicht bald Maßnahmen gesetzt werden, um die Attraktivität des Berufsbildes 'Hausarzt' zu steigern, bleibt alles Dargestellte nichts als eine gesundheitspolitische Träumerei", befürchtet die Ärztin. Der Mangel an Hausärzten zeigt sich nicht nur in den kleinen Landgemeinden. In Lustenau, mit über 21.000 Menschen die einwohnerstärkste Marktgemeinde Österreichs, sind 2500 Patienten ohne Hausarzt. Seit einer der Allgemeinmediziner in die Schweiz abgewandert ist, konnten die restlichen sieben Hausärzte nur die Hälfte der Patienten übernehmen.
Mangelhafte Ausbildung
Der Grund für den Ärztemangel liegt in der mangelhaften Ausbildung. Immer weniger Turnusärzte wagen sich nach der Spitalsausbildung in die Praxis. Die Grünen wie die Vereinigung von Jungen Allgemeinmedizinern in Österreich (JAMÖ) fordern vehement die Einrichtung und Finanzierung von Lehrpraxen. Vorarlbergs Ärztekammer-Präsident Michael Jonas unterstützt die Forderung. Mindestens zwölf Monate sollten Jungärztinnen und –ärzte in einer Lehrpraxis ausgebildet werden. Argumentationsgrundlage liefert eine internationale Recherche der JAMÖ. Österreich steht mit seiner Verweigerung von Lehrpraxen im Abseits. In den meisten Länder sind ein Jahr und mehr praxisorientierte Ausbildung üblich, die Finanzierung übernimmt mit wenigen Ausnahmen die öffentliche Hand.
Vorarlbergs Gesundheitslandesrat Christian Bernhard (ÖVP) hält eine halbjährige Lehre in der Hausarztpraxis für ausreichend. Im Budget 2014 will er 100.000 Euro dafür reservieren. "Viel zu wenig" sagt dazu Katharina Wiesflecker, Gesundheitssprecherin der Grünen. Mindestens 500.000 Euro sollten es für den Anfang sein. (jub, derStandard.at, 25.10.2013)